Sonntag, 22. August 2010

A-ha und die Pest


So, die erste vollständige Arbeitswoche liegt nun schon hinter mir und morgen beginnt die nächste. Ich kann mich nicht beklagen, es gibt immer etwas anderes zu tun und ich bin auch ausgelastet, wenn ich so zwischen vier und fünf nach Hause komme.
Am Freitag stand ich das dritte Mal auf Rollskiern... Aber es wird besser! Wahrscheinlich sollte ich mich mit meinem Elan jedoch etwas zurücknehmen, denn ich habe an der linken Hand zwei schöne Blasen bekommen, an der rechten konnte ich den Schaden noch abwenden. Oder ich sollte einfach Fahrradhandschuhe anziehen. Hier ein leicht verwackeltes Bild meines glorreichen Laufs in der Nähe eines Osloer Elektrizitätswerkes.

Ich habe ja außerdem voller Freude festgestellt, dass der neue Varg-Veum-Film schon nächste Woche Freitag in die Kinos kommt - und ich habe das dazugehörige Buch bereits gelesen. "Die Schrift an der Wand" heißt er. In Deutschland laufen die Filme übrigens unter dem Namen "Der Wolf", weil Varg ein altes norwegisches Wort für Wolf ist. Veum bedeutet auch irgendetwas nicht so ganz Positives, kommt aus dem Altnordischen. Eigentlich stellen Krimis im Allgemeinen und Filme diesen Genres im Besonderen einen Widerspruch zu meiner teils ängstlichen Persönlichkeit dar, könnte man meinen, aber ich sage euch: Auch ohne Krimis mache ich mir genug Gedanken... In meiner herzallerliebsten GEO stand auch einmal geschrieben, dass Frauen generell zu mehr Krimilesen neigen als Männer, also ist es vielleicht nur normal. Und wenn in den Filmen noch halbwegs gut aussehende Exemplare herumstolzieren, ist es gar nicht mehr so gruselig. Noch ein kleines bisschen mehr als Varg Veum mag ich den dazugehörigen Schauspieler Trond Espen Seim in seiner Rolle als Cop DJ, alles auf Norwegisch, aber ich garantiere euch, dass ihr das auch ohne Norwegischkenntnisse versteht:



Ach, und am Donnerstag rief mich mein Kollege John-Olav (bitte nicht Dschon aussprechen, sondern Juhn) inmitten konzentrierten Arbeitens an: "Ich hab dich gestern Abend im Fernsehen gesehen! Dich und Per!" Na toll. Die Damen und Herren von NRK1 hatten mich also nicht rausgeschnitten. In den nicht ganz drei Wochen, in denen ich nun hier bin, war ich schon (mindestens) drei Mal bei NRK1 zu sehen, und das eher unfreiwillig, denn wenn man nicht weiß oder bemerkt, dass die Kamera auf einen gerichtet ist, macht man ein noch dümmeres Gesicht als sonst. Und am Mittwoch war eben ein Kamerateam im Büro, um ein Interview zu machen und Per und ich waren auf dem Weg zum Holmenkollen, um die Flaggen abzugeben und als ich an dem Interviewten vorbei war, bemerkte ich: Da war doch was...eine Kamera, eine kleine Kamera. Während der Toppidrettsveka in Aure und Kristiansund hat man mich wenigstens nur als kleines grünes Männchen am Rande der Rennstrecke hin und her laufen sehen, aber das war ja aus nächster Nähe und deshalb bin ich ganz froh, dass ich diesen Beitrag nicht gesehen habe...

Am Samstag hat mich meine Gastschwester Erica ein bisschen in Oslo rumgeführt, West-Oslo und Zentrum. Dabei habe ich mich gleich in einer Bibliothek angemeldet, wenn mir in ein paar Wochen mein (deutschsprachiger) Büchervorrat ausgeht. Am Abend war für viele Norweger, oder zumindest Osloer, der Abend der Abende: A-ha-Konzert im Ullevaal Stadion (mein Arbeitsplatz). Und wie einige vielleicht wissen, beenden A-ha ihre Karriere in diesem Jahr und das Konzert im Ullevaal war der Auftakt zum Abschied im Heimatland. Da das Stadion nur zwei Kilometer entfernt von meinem Zuhause liegt, konnte man den Klängen gelinde gesagt gut lauschen. Schon seit Dienstag fuhren vor dem Stadion LKWs auf und ab, Polizeibänder hier und da und Tonproben bzw. Soundchecks seit Donnerstag Abend. Viele meiner Kollegen aus dem Büro sind auch zum A-ha-Konzert gepilgert, ich bin aber mit Gastvater Christian zum Maridalsspillet, einem kleinen Theater in Maridal, welches nur für ein paar Tage im Sommer spielt, geradelt. Allein die Fahrt war ein Abenteuer, denn das Fahrrad hatte natürlich keinen Rücktritt und (ich höre schon alle lachen) ich entdeckte zu meiner großen Überraschung das die beiden Handbremsen nicht nur für das Vorderrad sind, sondern die rechte für das Hinterrad. Das war noch nicht alles: Das schöne Herrenrad hatte auch noch eine Gangschaltung für das Vorder- und Hinterrad, eh ich da rausgekriegt hatte, wie das nun funktioniert, war ich schon halbtot über den Berg. Nun ja, angekommen bin ich in Maridal, dort wurde "Svartedauen" gezeigt und es handelte von verbotener Liebe, Macht, Unterdrückung und das alles im Rahmen der Pest, die im Mittelalter auch Norwegen erreichte. Ich weiß ja nicht, ob die Schauspieler wussten, dass da eine Ausländerin im Publikum saß, aber sie haben jedenfalls ausgesprochen deutlich gesprochen, sodass ich fast alles verstanden habe! :) Das Wetter war auch schön und das hatte ich an dem Morgen nicht gedacht, da war es finster, aber dann kam die Sonne und abends ein Fastvollmond. Letzterer kam natürlich der grusligen Atmosphäre zugute, die u.a. durch die Musik und auch die schwarzen Gestalten und Pferde in der Dämmerung ausgedrückt wurde. Etwas irritierend wirkte da nur der Gesang von Morten Harket in einem Lied, das an "Foot of the mountain" erinnerte, welches ich aber dann später bei offenem Fenster wirklich live zu hören bekam.
Sonntag hieß es, wie es sich für einen echten Norweger gehört, raus und eine "tur" unternehmen. Also erfüllte ich die Hausaufgabe meines Chefs Per und machte mich auf zum Ullevaalseter, einem Gasthaus ca. 6,5km von hier entfernt. Vorbei ging's am Sognsvann und Store Aaklungen (auch ein See) und dann war ich nach ca. 1,5h am Ziel und ich bin nur einmal kurz in die falsche Richtung gegangen, obwohl man eigentlich nur dem Strom der Massen folgen muss: immer gerade aus. Aber viele Wege führen zum Ullevaalseter und ich dachte mir dann aber doch, dass ich meinen Orientierungssinn nicht auf die Probe stellen sollte, denn der ist ja bekanntlich nicht besonders gut (ich sage nur: Langlauftour in der Steiermark, Papa wird sich erinnern). Da mir am Ullevaalseter aber doch zu viele Leute waren, bin ich nach einer kurzen Besichtigung des WaldClosetts wieder zurück bis zum Store Aaklungen und saß dort hernieder, um ein Brötchen und ein Stück Kvikklunsj zu verspeisen sowie Weihnachtstee zu trinken. Überhaupt, Kvikk Lunsj musste ich ja unbedingt probieren, denn schließlich musste ich ja bei der Högrondenbergtour ohne auskommen und da musste eben jetzt die 6,5km-Strecke bis zum Ziel als Bergtour herhalten, was sie in meinen viel zu warmen Sachen auch war.



Ullevaalseter und Wegweiser davor


Store Aaklungen, von meinem Rastplatz aus gesehen



Morgen heißt es dann wieder, viertel acht aufstehen und ab zur Arbeit. Ach ja, ich werde jetzt ab und zu Postkarten oder Briefe schreiben, aber bitte schaut nicht mir Argusaugen auf eure Nächsten, wer denn nun etwas als erster bekommen hat - schließlich ist eine Postkarte in Oslo selten unter einem Euro zu kriegen, es wird also keine selbigen regnen.
Außerdem habe ich heute im Internet noch nachgeschaut, was sich denn an den nächsten Wochenenden für Aktivitäten so anbieten und bei dieser Gelegenheit, ob denn auch von mir gerngehörte Musiker in Oslo spielen. Aber nein, sie gehen nach Dresden!!! Wie z.Bsp. Apocalyptica, die ziemlich oft in Sachsen vorbeischauen, aber ich habe es bisher immer vertrödelt! Aber sie bringen morgen ihr neues Album raus und wenn ich gerade mal von 1000 Kronen geträumt habe, marschiere ich in den nächsten CD-Laden und reiße das musikalische Werk an mich. Weil ich das eine Lied so schön finde, stelle ich es hier in den Blog, und ja, es sieht düster aus, aber es steckt was dahinter, zumindest für mich, und ist nicht nur irgendwelches Metalgehampel oder sonst wie; diese Musik ist für mich Inspiration und ich höre sie einfach sehr gerne, wie viele von euch wissen und dass schwarz dabei häufig vorkommt, dafür kann ich nichts, ich bin nur froh, dass es nicht rosa ist. (Ich sehe schon mein liebes Brüderchen die Augenbrauen hochziehen ob meines Rechtfertigens, weil ich ja immer betone, es hat nichts mit meinem leicht ängstlichen Wesen zu tun oder gerade deshalb, naja, usw...)
Hört's euch an oder nicht,
und eine gute neue Woche!

1 Kommentar:

  1. Ach Henriekchen,
    es ist doch immer wieder schön, Deinen sehr inspirierenden Ausführungen zu folgen. Da kann man echt Fernweh kriegen. Aber wir wollen ja nächstes Jahr im Urlaub endlich auch mal Norwegen unsicher machen...
    Außerdem weiß ich nun aus Deinen Ausführungen, dass Du zumindest schon recht viel Norwegisch verstehst... Neugierde also ein wenig gestillt.
    Lerne fleißig weiter Norwegisch und arbeite fleißig,
    liebe Grüße auch von Freddy und Jana ( die schreibt morgen und Mittwoch Physikum- Daumen drücken!), bis in Bälde,
    Gabi

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