Sonntag, 24. Oktober 2010

Erster Schnee

Ja, bei mir hat es tatsächlich schon einmal geschneit, auch wenn ich dem Wetterbericht nicht so recht trauen wollte. Als ich dann aber am Donnerstagabend nach dem Klettern nach draußen trat, kamen kleine weiße Flöckchen vom Nachthimmel gesegelt und am nächsten Morgen sah es im Garten so aus:




Und da ich euch ja eigentlich nie so richtig von einem meiner Arbeitstage erzählt habe, werde ich das jetzt mal tun, auch wenn der Freitag kein normaler Arbeitstag in dem Sinne war, denn ich war den ganzen Tag auf Arbeit, weil am Abend das Herbst(!)treffen begann.
Also, ich habe mir inzwischen erlaubt, meine Aufstehzeit von viertel auf halb 8 zu verschieben. Da das ja nicht so früh ist, wie zu Hause für die Schule dazumal (6Uhr10...), nehme ich mir hier auch die Zeit zum Frühstücken - vorzugsweise Marmeladenbrot, aber damit die Proteine auch nicht zu kurz kommen, mindestens eine Scheibe mit Schinken oder Käse dazu. Außerdem trinke ich hier fast täglich Milch, die schmeckt hier wirklich besser als in Deutschland, zumindest die Milch von "Tine". Dann mache ich mich auf zu meiner U-Bahn-Station, wobei diese sich aber oberirdisch befindet, die U-Bahn ist eigentlich erst nach der Station Majorstuen im Zentrum eine richtige U-Bahn. Im Norwegischen heißt sie übrigens T-ban, tunnel ban.
 Nach ca. 5 Minuten bin ich dann schon am Ullevaal Stadion angelangt. Theoretisch könnte ich auch laufen, da müsste ich dann 20 Minuten einplanen. Mache ich aber nur, wenn mir gerade da nach ist, was bisher ganze 2 (!) Mal vorkam.
Hier ein Bild von der U-Bahn-Station "Ullevaal Stadion":
Gleich daneben liegt mein Arbeitsplatz, das "Idrettens Hus" (Haus des Sports), welches direkt an das Ullevaal Stadion gebaut ist.
Da hinten schimmert der Heilige Rasen, Opa Rolf!

So sieht der Haupteingang aus:
In selbigen gehe ich aber selten, denn für mich ist es praktischer, den Eingang zu nehmen, über dem groß die Lettern "NORGES FOTBALLFORBUND" prangen, durch den man z.Bsp. auch zum Norwegischen Golfverband gelangen kann - wobei Golf für mich ja kein Sport ist, aber das ist ein anderes Thema...
Daaaa oben! In der 3. Etage (also laut norwegischen Maßstäben eigentlich in der 4. Etage, denn Erdgeschoss=1. Etage) sitze ich, aber leider nicht am Fensterplatz. :) Nach Erklimmen von unzähligen Treppenstufen komme ich endlich oben an - nein, Scherz, ich nehme fast immer lieber die Treppe als den Fahrstuhl, das hält außerdem fit.
Die magischen Türen...
Dann heißt es, das lange Büro zu durchqueren, die Kollegen, die schon zu so früher Stunde da sind, begrüßen (es kommt oft vor, dass es totenstill ist und nur Per einsam vor seinem Rechner sitzt). Per ist natürlich immer schon vorher da und merkt wahrscheinlich an meinem Gang, dass ich es bin, der sich da von hinten anschleicht. Ich schmeiße dann auch meinen liebenswerten Arbeitscomputer an, der mich mit seiner, sagen wir, Langsamkeit oft genug an den Rand des Wahnsinns bringt.
Dann sind Per und ich aber schon zum Treffen mit den Skikreisangestellten gegangen, die anlässlich des Herbsttreffens angereist waren und als das vorbei war, bin ich runter in die Kantine gerauscht und habe ein paar belegte Brote, Saft und Kaffee für die versammelte Belegschaft abgeholt. Kein leichtes Unterfangen bei zahlreichen Türschwellen und Türen, die nicht so nett sind, sich von selbst zu öffnen. Ich selber durfte dann runter in die Kantine essen gehen, da war ich auch ganz froh drüber, denn da gibt es immer so viel Verschiedenes zu essen, dass auch ich garantiert, etwas Essbares für mich darunter finde, fast jedes Mal z.Bsp. einen schönen leckeren Salat. Zwar wird schon wieder intern diskutiert, ob man den Lunsj für den Skiverband nicht wieder nach oben in die Skistube verlagert, aber noch essen wir in diesem schönen großen und lichtdurchfluteten Lunsjsaal:

Am Freitag gab es Frühlingsrollen mit Reis, passender Soße und Salat. Ich habe mir außerdem noch eine Tomatensuppe dazu gegönnt. Ist also manchmal fast wie ein deutsches Mittagessen, aber häufig esse ich auch nur Salat und Schnitte, wenn ich nun aber Klettertraining habe, ist es sehr praktisch, zwei Mal warm esen zu können, das gibt Kraft!
Danach gab es für mich noch viel zu tun, denn es rief mein liebster Freund und Feind: Die Kopiermaschine! Freund insofern, als dass sie mir relativ zügig alles Mögliche ausdruckt und sogar zusammenheftet, Feind insofern, als dass sie bei mehreren und somit zeitaufwendigeren Kopien automatisch zum Streitobjekt wird, manchmal einfach einen Ratsch hat oder ständig über Papiermangel klagt. Irgendwann war ich aber auch mit dem Kopieren fürs Herbsttreffen fertig, denn ich hatte wohlweislich schon zwei Tage vorher damit angefangen und den netten kleinen Stapel kann man sicher auf einem der nächsten Bilder erspähen (eins ist etwas verwackelt, aber da sieht man auch ein bisschen vom Rest des Büros):

Dann habe ich einen Läufer für die FIS-Liste registriert (FIS ist der Internationale Skiverband), denn am 1.November muss alles fest sein, dann erscheint die neue FIS-Liste und wer da nicht draufsteht, der kann nicht starten. Vergebliche Mühe gab ich mir in Bezug auf die Transponderliste. Transponder, das sind diese kleinen Dinger, die die Läufer über den Knöcheln befestigen müssen, denn sie übermitteln die Zeit an Sender, die an der Strecke stehen. Wer von euch ab und zu mal Wintersport schaut, der wird sehen, dass wenn der Athlet an bestimmten Stellen vorbeiläuft, plötzlich seine Zwischenzeit auf dem Bildschirm erscheint - der Transponder macht's möglich. Und ich muss die neuen Transponder der Athleten für die kommende Saison registrieren. Leider ist es da häufig so, dass in der Datenbank Dublette (?) existieren, also das ein Athlet zwei- oder noch mehrmals vorhanden ist. Diese vielen Identitäten wieder zu einer zu machen, das hat mir den letzten Nerv geraubt, ich musste es erst einmal verschieben.
Mich erreichte dann auch eine Mail von unserem Pressemann Claes-Tommy Herland mit den offiziellen Maskottchen der WM 2011 in Oslo - also ich finde sie nicht besonders hübsch und dann soll man denen auch noch Namen geben... Da find ich den Zeichner ansehnlicher, ein wenig, zumindest. :)

Außerdem hatte ich aber noch ein schönes Gespräch mit meiner Mentorin Kristine, das war mir sehr wichtig, erstens, weil ich gerne mit ihr rede und zweitens, weil es auch etwas gab, über das ich mit ihr sprechen musste. Sie war erst am Mittwoch aus Val Senales wiedergekommen, wo die Sprint- und Allroundmannschaft der Herren und Damen ihr Höhentraining absolviert haben.
Am Abend ging dann das Herbsttreffen los, in dessen Zusammenhang ich einige nette Menschen (wieder)traf, so z.Bsp. Benthe Asp aus Steinkjer oder Stimmungskanone Asgeir Moberg aus Bardu in der Region Troms.
Zackig ging es am nächsten Tag weiter, auch wenn ich erst einmal meine U-Bahn verpasste, weil ich nicht wusste, dass die am Wochenende von 8 bis 10 nur aller halben Stunde fährt. Ich kam gerade noch rechtzeitig hinein, um die offizielle Verkündigung meines Namens mitzukriegen, denn ich stand hier knapp vor einem Herrn namens Andersen als Erste auf der Teilnehmerliste für das Langlauftreffen.
Wenn ich mich die ganze Zeit konzentriert hätte, hätte ich sicher auch das meiste der Sätze verstanden, aber da wird man wirklich müde davon, deshalb habe ich es meinem Sitznachbarn Aage, unserem Sportchef, gleichgetan und ein bisschen im Internet rumgestöbert oder fleißig Obst gegessen. Na ja, nicht nur Obst, auch ein bisschen schwedische "Daim"-Schokolade. Oma Gudrun, du würdest vor Neid erblassen, wenn du sehen könntest, wie viel "Daim" es hier gibt, in allen Längen, Breiten, kurz gesagt: Größen, in anderer Schokolade drin, als Kuchen, was auch immer. Hier ein Zeugnis meiner Zwischenmahlzeit mit der Einladung zur NM (Norges Mesterskap=Norwegische Meisterschaft) als Hintergrund. Der Text darauf ist Dialekt (man schreibt hier mit Vorliebe in Dialekt) und ist mit ein paar Nynorsk(dieses andere Norwegisch...)-Kenntnissen aber zu übersetzen: "Ich komme zur NM - kommst du?"
Weil wir das Herbstreffen ja in den Räumen der "Ullevaal Businnes Class" (UBC) abgehalten haben, konnte man auch schön ins Stadion schauen, also das kann ich sonst auch, aber hier hatte man richtig Zeit dafür.
Heimrasen des Vaalerenga IF und der Nationalmannschaft
Nicht nur zu Hause in Dresden ging beim Spiel Dynamo Dresden - Hansa Rostock die Post ab, auch im Ullevaal Stadion war einiges los, da der Heimatverein Vaalerenga IF gegen den Lilleström SK antreten musste (Lilleström ist gleich bei Oslo). Ich wollte nämlich ein Päckchen von unserem Chefausstatter Björnar für mich aus Pers Auto holen, welches sich in der Garage befand und musste dafür einen Umweg machen, denn viele Durchgänge waren gesperrt, damit auch keiner unbehelligt reinkam. Polizei war auch da und ich musste meine Skiverbandskarte vorweisen, um in die Garage zu gelangen. Da hätte ich mir eigentlich auch ein bisschen das Spiel anschauen können, vor allem als ich gegen Ende desselben noch einmal runter musste, um ein Päckchen von Björnar aus dem Lager zu holen, da konnte ich dann ganz unbehelligt durch den VIP-Bereich stolzieren... Immer geht das leider nicht, weil meine Skiverbandskarte mir nicht die Türen des Fußballverbandes öffnen kann, da muss mich eben jemand durchlassen oder es ist einfach offen. :)
Von Björnar bekam ich jedenfalls nützliche Sachen für den Winter und Per ist natürlich immer darauf bedacht, dass auch alles, was noch fehlt, auch noch nachkommt. Björnar selbst ist wieder auf dem Weg nach Val Senales, diesmal aber mit dem Flugzeug, oho! Denn sonst fährt er mit Vorliebe von Norwegen ins Val Senales oder auf die Seiser Alm mit dem Auto!
Abends gab es dann ein gemeinsames Mittagessen mit allen Herbsttreffenteilnehmern mit Lachs in der Vorspeise und irgendeinem Kotelett als Hauptspeise, das Dessert war besser, kam aber nicht an das vom Lunsj heran. So viel zum Essen. :) Danach wurden Diplome für die engagiertesten Menschen in den Skivereinen verteilt und auch noch für den aktivsten Skiklub. Auch bekamen verschiedene Vereine Geldprämien von den "Freunden des Langlaufsports" (Langrennsportens venner), vertreten von ihrem 85-jährigen Vorstandsvorsitzenden Frank Pedersen, einem sehr netten Menschen:
Unterhalten wurde ich an diesem Abend aber vor allem von Asgeir Moberg, der mich ja wegen meiner Norwegischkenntnisse (und beginnenden Nynorskkenntnisse) ständig über den grünen Klee lobt, aber auch berichtigt, wenn ich etwas falsch sage. Im Gegenzug habe ich sein Deutsch etwas ausgebessert, denn wenn er ab und an als Stadionsprecher fungiert, kann es vorkommen, dass er Deutsch sprechen muss.
Asgeir war dann wohl bis ca. um 3 nachts wach...da verstand ich, was Per meinte mit, wenn ich mich bei der Filmnacht zu "Herr der Ringen" (mehr dazu unten) nicht wachhalten könnte, solle ich Asgeir anrufen, der würde das schaffen...

Kurz nach 11 war ich dann wieder zu Hause und habe mit meinem Papi und lieben Brüderchen Telefonkonferenz gehalten. Denn meine Ellis sind ja nun 6 Wochen im Urlaub, 5 Wochen Neuseeland und eine Woche Australien, um dort unser ehemaliges Gastkind Torrin zu besuchen. 36 Stunden Reisezeit, da ist meine lange "Herr der Ringe"-Nacht gar nichts dagegen! (Ich gehe nämlich zusammen mit meiner Freundin Annija aus Lettland, die hier auch Freiwillige ist, zum "Großen Kinotag", der traditionell mit dem Nachtmarathon der "Herr der Ringe"-Filme eröffnet wird, von Freitag 5.Nov. 23h59 bis Samstag 6.Nov. 10h45! Ich habe mir den Freitag zum Schlafen freigenommen...)
Heute wurde dann noch einiges zur WM in Oslo besprochen sowie ein paar andere Sachen, und mit dem Lunsj abgeschlossen. Morgen habe ich frei, denn ich habe ja eine ganze Woche durchgearbeitet und mal schauen, was ich da tun werden - auf jeden Fall erst mal lange schlafen!!!

Bis zum nächsten Mal,
eure Henni

Sonntag, 17. Oktober 2010

Klamme Finger in Hauktjern

Wohlan, da bin ich wieder!
Es sollte am Wochenende nach Hauktjern gehen, einem kleinen Klettergebiet, das rein theoretisch noch in Oslo liegt, aber eigentlich doch schon ein bisschen außerhalb. Ich dachte ja, es geht schon am Freitag los, aber für die, die den Weg noch nicht kannten (also Leute wie mich), ging es Samstagmorgen los.
Freitagabend hatte ich aber erst einmal ein klärendes Gespräch mit Midori und da bin ich jetzt noch nicht ganz sicher, wie es weitergeht, aber ich werde euch zu gegebener Zeit mehr darüber erzählen, wenn ich kann.
Ich bin dann jedenfalls am Samstag mit Sack und Pack losgezogen und bis zur abgemachten Station mit der U-Bahn gefahren. Wir sind dann zusammen los zum Hauktjern (der Name des kleinen Binnensees am Klettergebiet) bei strahlendem Sonnenschein gelaufen und auch an mehreren anderen kleinen Seen vorbei. Bei dem schweren Gepäck (Rucksack, Helm, Expressschlingen und Isomatte irgendwie zusammengeknüpft) fiel es mir aber manchmal schwer auf die Details zu achten, mir wurde jedoch immerhin schööön warm.

Angekommen, wurde dann gleich losgeklettert, aber was war der Felsen kaaaalt! Da sind mir fast die Finger abgestorben und mit Handschuhen klettern macht sich bei so kleinen Griffen äußerst ungünstig. Nach einer erfolgreich bestandenen Route hing ich bestimmt eine halbe Stunde an einer netten 7- herum (da, wo auf dem Foto das blaue Männlein hängt), die ich bis fast zur Hälfte geschafft hatte, aber meine ganze Kraft hatte ich schon am Anfang verpulvert, denn wenn man einmal losgelassen hatte, wurde man wie ein Pendel nach links gewedelt und kam dann nur schwer wieder auf den eigentlichen Routenverlauf zurück... Außerdem war meine rechte Hand etwas beschädigt, zumindest die Haut, weil ich vergeblich versuchte, mit Hilfe eines kleinen feinen, aber auch scharfen Risses weiter zu kommen. Danke an meine geduldige Sichererin Inga.
Zu meiner großen Freude kam dann auch noch mein lieber Freund Kjell Nörbech vorbei und wir konnten ein bisschen plaudern. Auf dem Bild unten seht ihr ihn an der Wand kleben:
Die Hündin (Foxy war ihr Name) eines Kletterers schien mich dann ganz besonders ins Herz geschlossen zu haben, denn sie kam einfach auf meinen Schoß und ließ sich kraulen. Zum Hinlegen war mein Schoß dann zwar leider etwas klein zu sein, aber es war jedenfalls sehr schwer, sie später wieder herunter zu bekommen.

Dann sind die, die übernachten wollten, langsam zum Zelt gegangen, das Anette mit Mathieu und dem kleinen knuddeligen Sohn einer anderen Klettererin schon zuvor aufgebaut hatte, auf einer Art Halbinsel direkt am Hauktjern-See. Über Nacht bleiben wollten Julia (Norwegerin mit polnischer Mutter), Inga (Fastforscherin aus Polen), Mathieu (aus Nantes), Anette (Vorsitzende der Klettergruppe und Initiatorin der Tour) und ich. Später gesellte sich außerdem noch Eivind dazu, der aber ganz draußen und nicht im Zelt übernachten wollte.


v.l.n.r.: Inga, Julia und Anette

Pölsa... - ich bin die Wurstfachverkäuferin!

v.l.n.r.: Mathieu, Inga, Julia, Anette und Eivind
Ja, wie man sehen kann, hatten wir ein schönes Lagerfeuer, oder baal (bol ausgesprochen), wie der Norweger sagt. Da gab es dann für mich drei Würstchen mit Brot zum Abendessen. Wir waren alle schon um 8 ziemlich müde, aber sind dann erst nach 10 in die Schlafsäcke gekrochen. Zuvor wurden wir noch durch merkwürdige Geräusche und Schreie vom anderen Seeufer wach gehalten, die aus einem Horrorfilm hätten stammen können. Es handelte sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach "nur" um trinkfeste norwegische Jugendliche, die wir zuvor schon mit Rucksäcken an den Kletterwänden hatten vorbeigehen sehen. Man darf sich fragen, was sich in den Rucksäcken befand... Ich war jedenfalls sehr froh, dass ich erstens nicht allein war und zweitens wir zwei starke Männer dabei hatten! Die Nacht verlief dann aber sehr ruhig und es war auch nicht so arg kalt wie ich befürchtet hatte, ich fand sogar, dass es am Tag ein bisschen kälter gewesen war.
Tannengrün als Isolation unter die Isomatten
 Da mein Schlafsack sich ja nicht ums Gesicht herum strammen ließ, musste ich mich entsprechend einkleiden mit zig Unter- bzw. Strumpfhosen, Strümpfen, Pullovern aller Dichte, Weste, Halswärmer und Schal, Mütze, Handschuhe. Das nächste Bild gibt einen kleinen Einblick in mein nächtliches Erscheinungsbild:

Ein paar Mal hat es mich des nachts doch ein bisschen gefroren (es waren ja auch schließlich Minusgrade und des tags wurden es auch maximal 1 bis 3 Grad), bin ab und an aufgewacht, aber das war in Ordnung. Das Schlimmste ist immer noch die Überwindung, sich aus dem warmen Schlafsack zu quälen, um aufs Klo zu gehen! Ich habe dann auch am längsten von allen geschlafen, bis halb 10! Julia war schon halb 9 auf den Beinen und mit dem Frühstück fertig, als ich dazu kam. Anette hatte wieder ein feines Lagerfeuer entzündet und sich Pfannkuchen gemacht.



Ach, dabei muss ich gleich noch erwähnen, dass ich meine zauberhafte schwedische Vanille-Messmör losgeworden bin! Sachen gibt's... Aber Eivind hat's geschmeckt und er konnte mir auch gleich sagen, wie das zauberhafte Etwas auf Norwegisch heißt: prim. Im Wörterbuch steht dafür "weicher Molkekäse". Anette meinte auch, das wäre sowas wie geschmolzener Braunkäse. Nun ja, jetzt ist die Messmör gut untergebracht, sie ist ja schließlich noch bis zum 7. Februar 2011 haltbar.
Nach dem Zeltabbau sind Julia und Inga bereits nach Hause gegangen. Ich habe mit Eivind noch einen Weg geklettert, dann habe ich noch ein bisschen mit Mathieu gequatscht und wir machten uns auch auf den Heimweg, mein Rücken jubelte, als wir endlich den Parkplatz erreichten und ich einiges an Baggage in Anettes Auto tun konnte. Schließlich wurde ich von Eivind und Freundin direkt vor die Haustür gefahren.
Mathieu am Eckweg
Es war alles in allem ein schönes Wochenende, mit traumhaften Wetter: ganz viel Sonne!!! (Da brauche ich noch keine Tran- bzw. VitaminD-Tabletten zu nehmen, wobei mir auch einige erzählt haben, dass sie im Gegensatz zu vielen anderen Norwegern weder Tran noch sonst irgendwas nehmen, sondern einfach Fisch essen - mal sehen, wie ich das mache.)

Bis bald,
eure Henni

Montag, 11. Oktober 2010

Abenteuer in der schwedischen Pampa

NIE wieder schwedische Messmör!!! Das habe ich inzwischen gelernt.

Freitagnachmittag sind wir in Oslo aufgebrochen, über 20, wenn nicht fast 30 Leute. Ich saß im Auto mit Magnus, seinem fast dreijährigen Sohn Marius und Jorunn Maria, einer Medizinstudentin. Sonst gab es noch andere Autos und einen Kleinbus, den Gustav fuhr. Dazu muss ich sagen, dass Gustav weiß, dass rosa meine ganz spezielle Nichtlieblingsfarbe ist. Beim Klettertraining gab es letzte Woche nämlich bei einem Weg so einen großen rosanen und ziemlich rutschigen (durch Magnesia) Griff, den ich nicht nehmen wollte. Da meinte Gustav, rosa sei doch eine schöne Farbe, woraufhin ich ihm mitteilte, dass ich das überhaupt nicht so sehe. Später habe ich ihn dann gefragt, ob er mir eine Isomatte für das Kletterwochenende in Bohuslän leihen kann und was kam als Antwort: "Ich bringe dir eine rosa Isomatte mit!" Krönung des Ganzen war dann die letzte Infomail vom Donnerstag, die mit der Zeile began: "Aufgrund einer speziellen Anfrage von Henrike wird diese Mail nur in rosa Buchstaben erscheinen.", was mir später eine Reihe Nachfragen von anderen einbringen sollte. Die Isomatte war dann übrigens nicht rosa...
Weil Marius bald eingeschlafen war, nachdem wir ihm mehrmals klarmachen mussten, dass seine Lieblingseisbude geschlossen ist, tat ich es ihm gleich und schlummerte zumindest ein bisschen vor mich hin. Die norwegisch-schwedische Grenze passierten wir im Dämmerlicht und ohne Probleme. Dann haben wir an einem ICA-Supermarkt gehalten, um Essen einzukaufen, was ja in Schweden doch etwas billiger ist. Ich hätte mir aber zumindest Butter oder Margarine mitbringen sollen, denn ich kaufte versehentlich klassische Messmör und die Schachtel stand so im Regal, dass man das kleine Wörtchen "vanilje" nicht sehen konnte, woraufhin am nächsten Morgen die böse Überraschung folgte: Messmör scheint ja nicht nur eine Art Mischung aus Schmelzkäse und Butter zu sein, nein diese war auch noch mit Vanille und man kann das "Geschmackserlebnis" in etwa dem des Brunost (Braunkäse) gleichsetzen: Man weiß nicht, ob es nun süß oder herzhaft ist. Glücklicherweise fällt der zwiespältige Geschmack nicht so auf, wenn man nur ganz wenig auf die Schnitte streicht, aber mir war es trotzdem schade um die etwas mehr als 1€. Brot habe ich auch etwas zu viel gekauft, das muss ich jetzt bis zum Mittwoch auffuttern. Ich kann mein eigenes Essverhalten eben doch sehr schlecht einschätzen, weil es sich ständig ändert.
Wie auch immer, irgendwann sind wir dann zu einem Sportplatz abgebogen und dann wandelte sich der asphaltierte Weg in einen holprigen und ziemlich sumpfigen Waldweg. Ringsherum war alles duster und ich hörte schon die Bären brummen (mein Gastvater Christian hatte mir ja aufmunternd auf den Weg gegeben, es gebe ja so viele Bären in Schweden). Meine Stirnlampe schien gerade ihren guten Tag zu haben, denn sie funktionierte!!! und ließ sich nicht von den Launen eines Wackelkontakts beeindrucken. Denn so konnten wir dann die Tipis aufbauen, in denen ein Großteil von uns schlafen sollte. Wir konnten auf dem Gelände von Gustavs Freunden nächtigen, die da eine kleines Häuschen stehen haben und auch das Klo war - entgegen meiner Befürchtungen - sehr komfortabel:
Nach einem guten Essen aus Steaks und Nudeln (habe ich mir mit Jorunn geteilt) wurde dann noch ein bisschen auf der Terrasse geplaudert. Die Temperaturen waren jetzt auch nicht so kalt wie befürchtet und als Camille (ein Franzose) gegen halb 11 zu Bett ging, wurde ich doch auch schon etwas müde. Ich habe zusammen mit Kjell (ja, der Kjell, der mir immer so bekannt vorkommt von zu Hause), Coline (aus FR), Iwana (GER), Wiske (BEL), Natasha (Australia!) und Souren (CAN) in einem Tipi geschlafen, das war schon ein Erlebnis (und auch ganz gut geschlafen, denn der laute Schnarcher war NICHT in meinem Zelt, haha! Lob an Kjell und Souren)! Ich habe in dieser Nacht auch nicht gefroren und am nächsten Tag war strahlender Sonnenschein ("mein" Zelt steht hinten rechts):
Coline auf der Slackline, beobachte von Jiri (Jirka)
Jirka in typischer Pose und Camille
Nach dem Frühstück dauerte es dann eine Weile, bis alle in die Gänge kamen und jeder noch mal auf dem wunderhübschen Klo war. Jirka war sich sicher, dass es bestimmt nach 11 war, als es endlich losging. Ich wurde dann von Gullik, mit dem ich am Vorabend ins Gespräch gekommen war, gefragt, ob ich mit ihm mitfahren möchte und zum Schluss saßen dann Gullik, Coline, Kjell und ich in einem Wagen. Nicht alle sind zu dem gleichen Platz in Bohuslän gefahren, aber wir haben dann doch einige getroffen.
Kjell und Gullik inspizieren eine sehr schwere 6-
 Schließlich hat sich ein Schwede aus der Klettegruppe, Per, bereit erklärt, mir und Coline (links im Bild) eine 6+ (norwegisch/schwedische Skala) vorzusteigen, denn es waren nur spärlich Haken gesetzt und fast alles "trad climbing" (traditionelles Klettern, also in etwa wie zu Hause, aber erlaubt waren auch Friends und Klemmkeile). Auf dem (nicht ganz ungefährlichen) Weg zum Einstieg habe ich mir gleich den Kopf gestoßen und stellte fest, dass mein Helm ganz unten war, da habe ich dann fürs Klettern Pers Helm bekommen. Jetzt ist meine Beule schon etwas kleiner geworden, aber am Anfang war sie schon ein ganz schöner Wummer. Per ist dann hoch und hat Coline von oben gesichert, kam dann wieder runter und ich wurde von Coline hochgesichert. Bei dem Weg musste man auch eine Kurve um ein hervorstehendes Stück Fels klettern, aber da die Friends bzw. Klemmkeile bei meinem Nachstieg schon raus waren, wurde das Seil nicht mehr um die Kurve geführt und als ich an besagte Stelle kam, war die Seilspannung viel zu stark. Ich versuchte zwar nach links zu kommen, aber die Griffe waren auch nicht so die Bombe als dass ich es riskiert hätte bei einem Fall mit der Schulter gegen ein weiter rechts hervorstehendes Stück Fels zu krachen (bei einem kleinen Fall zuvor hatte ich die Pendelwirkung schon zu spüren bekommen). Daher blieb nur noch der direkte Weg, der anfangs sicher schwerer war als der eigentliche Weg, aber es gab einen wunderschönen Riss, bei dem man einfach nur seine Hand reinstecken musste und mit den Füßen gegen die Reibung und dann einfach - zack - nach oben schieben.
 Aber schließlich habe ich's doch geschafft (stolz!!!), wobei ich vor auch daran dachte, dass der Abstieg vom Einstieg nicht besonders einladen wäre. Aber der Rückweg vom Massiv herunter - da fehlen mir fast die Worte, wenn ich bedenke, wie lange wir da runter gebraucht haben. Durch ein Gestrüpp aus Heide, Nadelbäumen, Fels und alles teilweise ziemlich nass und dadurch auch nicht immer ungefährlich! Als es dann grunzte und raschelte, sah ich mich schon gedanklich vor einem Bär oder Elch stehen, aber es war dann Gott sei Dank nur der Münchner Kletterkamerad Tobi. Wir haben bestimmt eine halbe bis dreiviertel Stunde für den Rückweg gebraucht!!!
Danach haben Coline und ich uns an der schönen 6- versucht, an der schon so manch andere fast gescheitert sind, aber mit dem erprobten Trick 17 (am Sicherungsseil festhalten und hochziehen) konnte man zumindest den Einstieg, der weit schwerer war als eine 6-, meistern. Hier links ein Bild, wie Per das Ganze meistert (ohne den besagten Trick!). Rechts käme Pers gedachter "Abstieg" für das Massiv herunter.
Als ich dann doch oben angekommen war, nach einem ziemlich schweren Riss, hatte ich mich bereit erklärt, die Sicherung abzubauen und trotz des mir bekannten langen Rückweges hinten herum abzusteigen. Ich bekam aber erst mal einen Riesenschreck, als sich der Klemmkeil, den ich an einer Schlinge um meinen Körper hängen hatte, in einer Spalte festsetzte und ich noch mal ein Stück zurückmusste: Keil rauszerren, Puls 300, nach oben aussteigen, puh! Liebe Mama, ich mach das nie wieder, ich schwöre es!!! Aber dazu später... Der Rückweg war dann auch genau so schwierig wie beim letzten Mal und das Ganze in Kletterschuhen! Ich glaube, ich habe die mehr bemitleidet als mich. Handy war im Zelt, aber zum Glück waren die anderen in Rufweite gleich unten an der Wand. Trotzdem hatte ich eine Art Déjà-Vu in Bezug auf eine gewisse Weihnachtstagwanderung in der Sächsischen Schweiz, wo ich kurz abhanden gekommen war...und mich alle noch heute damit aufziehen. Jeder Laut war mir ungeheuer und ich war so froh, als ich den Weg unten sah und unten war. Noch viel froher, als ich dann nach einem Stück Wegs durch den Wald Colines Stimme hörte und sie bald vor mir sah. Dann packten wir unser Zeug zusammen und gingen zu der 6+, die wir zuvor gemacht hatten und an der sich nun Kjell, Gullik und andere versuchten. Die nächsten Stunden verbrachte ich dann in stillem Staunen und Danken, dass ich so einen großen Schutzengel habe. Kjell bemerkte meine versunkene Stimmung und sprach mich darauf an. Daraufhin erzählte ich ihm so einige und es setze eine freundliche, aber bestimmte Standpauke à la Kjell Nörbech. (Und das sicher nicht, weil er Lehrer ist, wie sich später herausstellte, er war ehrlich besorgt.):

Dann haben wir uns noch bis nach 6 Uhr an der Wand aufgehalten und sind dann im Halbdunkel zum Auto zurückgegangen, wobei Coline und ich noch bis zum Einbruch der Dunkelheit auf unsere beiden Männer warten mussten, die noch in der Wand gehangen hatten und dann noch absteigen mussten (wobei sie Letzteres irgendwie cleverer lösen konnten, wahrscheinlich mit Hilfe eines starken Baumes oder einer Granituhr, keiner Sanduhr eben).
Der Abend wurde zwar temperaturmäßig kälter als der vorige, aber weitaus geselliger. Mit Coline habe ich mir eine Steakmahlzeit auf dem Grill zubereitet und noch mein übriggebliebenes Lunsjbrötchen verspeist. Dann wurde viel viel geredet und gequatscht oder die Hände am Grill gewärmt. Vor allem mit Vegard Nymoen, Sohn meines Chefs Per und sehr aktiv in der Fjellgruppa (Gebirgsgruppe), hatte ich ein unerschöpfliches Gesprächsthema: Per selbst... [dieser freute sich mehr oder minder, dass wir uns so gut über ihn unterhalten konnten, als er mir eine Nachricht von seinem Urlaub im Mittelmeer schickte und ich ihm antwortete... ;)]
Simen, Kjell und Vegard
Ein nachdenklicher Jirka und Camille
Hier ein Bild meines Schlafplatzes (rechts neben dem roten Schlafsack), dessen Lagerichtung wir etwas verändert haben, denn in der ersten Nacht bekam ich zuerst einen Armboxer von Souren hinter mir und dann einen Fußtritt von Kjell rechts. Jetzt lagen fast alle wie ein Rad im Kreis.
Aber ich kann euch sagen, diese zweite Nacht war so was von kalt!!! Ich hatte ja drei Socken übereinander an, aber weil die normaldünnen Socken, die ich ganz unten anhatte, so kalt waren, habe ich sie mitten in der Nacht dann über die zwei dicken angezogen. Und wenn ich nächstes Wochenende mit nach Hauktjern bei Oslo kommen sollte, dann definitv mit mehr dicken Socken! Kjell erzählte am nächsten Morgen, dass er sich auch mehrmals um- bzw. mehr angezogen hat. Der nächste Morgen war nicht ganz so sonnig und auch ziemlich kühl, und alle waren erst gegen 10 wach, ich war eine der letzten, wurde erst wach, nachdem Kjell lauthals über Iwanas Spinnenangst gelacht hatte.
Morgendliche Slacklineübungen: Christian, Souren, Simon und Coline
Weil Gulliks Auto ganz am Anfang der Autoschlange stand, mussten wir warten, bis alle anderen weggefahren waren und diesmal hatten sich die Gruppen ziemlich verstreut. Das war mir ganz recht, denn mit Kjell, Gullik und Coline als Grüppchen war es echt ein gelungener Tag. Es kam sogar noch die Sonne raus und wir sind ein paar schöne Genusswege im Bereich 4 und 6 geklettert.
Kjells "Makeup"
Coline an der 4+

Das kommt von roten Kletterschuhen, Kjell!
Ausblick
Hier ein Suchbild: Wo ist Kjell? (in einer 6+/- Route)



Gullik

Links oben befindet sich unsere Wand

Gruppenbild mit Gabelstapler
Alles in allem war das der beste Tag vom Bohuslänwochendende, wir waren als Gruppe einfach eine perfekte Mischung: Kjell, immer etwas hyperaktiv (wenn der Weg einfach war oder Kjell sehr nervös, fing er immer an zu singen), Gullik, der Ruhige (die Graue Eminenz), Coline, etwas schüchtern, aber immer lockerer werdend und ich, ein bisschen was von allem. Daher hatten wir dann auch eine sehr lustige ca. 2stündige Autofahrt zurück nach Oslo, mit Gesangsbeiträgen von Kjell zu "Angels" von Robbie Williams (es klang um einiges besser als das Original mit Kjell als Interpret) oder auch "Stairway to Heaven" von Led Zeppelin.

Wieder zu Hause (ich wurde von Gullik bis vor die Haustür gefahren), war ich dann milde gesagt ziemlich platt. Heute Morgen bin ich dann aber brav zur Arbeit getingelt und habe viel zu tun gehabt. Für etwas Erheiterung sorgte die Mail eines Skikreisangestellten, der mir schrieb, ich hätte schon eine unglaubliche Traditon von Per angenommen: schneller zu antworten, als das die Leute fragen können... :)

Also dann bis zum nächsten Mal,
eure Henni