Sonntag, 24. Mai 2015

Domaine de Trévarez - Belle Époque in den Schwarzen Bergen


Himmelfahrt - das ist im katholischen Frankreich natürlich ein Feiertag, auch wenn manche Geschäfte geöffnet sind. Zum Mittagessen fuhr ich nach Le Guilvinec zu Manon und Marine, die an diesem Tag Dienst schieben mussten. Nach einer gefühlten Ewigkeit versuchten wir uns mal wieder in Philippes Computerspiel und plauderten natürlich ganz viel, bis ich mich verabschiedete, um zu sehen, ob die Porzellanmanufaktur Henriot in Quimper aufhatte. Hatte sie aber nicht, also musste ein Plan B her, zur Auswahl standen das Schloss von Trévarez und das Herrenhaus von Kérazan, beides von Quimper eine gute halbe Stunde entfernt. Da Kérazan näher an meinem Wohnort liegt, ich nun aber schon mal in Quimper war, entschied ich mich, nach Trévarez zu fahren.
Nach der Autobahn abfahrt kurvte ich über viele "ribines" (typische kleine Straßen in der Bretagne), bis ich am Schloss in den Montagnes Noires (Schwarzen Bergen) ankam. Das Wetter hatte sich in der Zwischenzeit leider verschlechtert, also kam der Regenschirm zum Einsatz. Zum Schloss hin läuft man durch einen Teil des ansehnlichen Gartens, in dem zu dieser Zeit vor allem Rhododendron und Magnolien blühen. Just als ich mich dem Schloss näherte, fing es so richtig an zu regnen, mein guter Walmart-Regenschirm aus der Apotheke Heidenau, ohnehin schon leicht demoliert, nahm es tapfer. Irgendwie schaffte ich es denn auch, ein Foto vom Schloss zu schießen, ohne dass mir der Regenschirm davon flog.

Bibliothek früher und heute
Kaminzimmer früher und heute

Bilder der Restaurierung

oben rechts: Handtuchwärmer

Hier wurde das Essen warm gehalten
1893 ließ der Politiker James de Kerjégu auf diesem Land ein Schloss errichten, dass nicht unbedingt bretagnetypisch ist, vor allem wegen der roten Farbe, aber auch die Bauart würde ich eher woanders einordnen. Von außen sieht das Schloss ganz aus, innen aber sieht man, dass noch eine ganze Menge zu tun ist. Das Pech des Schlosses war es, dass sich dort im Zweiten Weltkrieg Deutsche und Japaner einquartierten und es somit zum Ziel der französischen Bombardements machten. Danach entschied man sich erst mal zur Renovierung der Außenmauern, innen sind bislang nur wenige Räume zugänglich und auch nur spärlich ausgestattet
Decke

Salon


Kriegsspuren



Dunst in den Montagnes Noires





Rhododendronbüsche



Gestüt
Dennoch ist es sehr imposant zu sehen, was für ein Märchenschloss sich Kerjégu da hingebaut hat. In einem Raum kann man mithilfe eines Tabletts die frühere Ausstattung sehen, wenn man mit der Kamera über die Wände fährt. Informationen werden auf Tafeln gegeben, sind aber nicht zu viel. Für Kinder gibt es auch ein paar Angebote. Im Obergeschoss kann man sehen, dass jedes Zimmer, übrigens egal ob Gast oder Bediensteter, einen Handtuchwärmer (!) besaß, eine Art Schrank, in den die Handtücher gelegt wurden. Zudem ein großes Bett, separates WC, sowie ein Riesenbadezimmer mit 2 Badewannen.
Badezimmer
Für das ausgehende 19. Jahrhundert war das Schloss extremst fortschrittlich, um nicht zu sagen luxuriös, ausgestattet. Es gab eine Heizung, zwar keine Waschbecken, aber das Wasser wurde angewärmt aus einer Leitung genommen, und das alles zu einer Zeit, in der der Großteil der bretonischen Bevölkerung nicht einmal kaltes fließendes Wasser, geschweige denn Elektrizität, hatte. Es gab ein Empfangszimmer, ein Spielzimmer, ein Esszimmer, etc. Was man als Adeliger in der Belle Époque eben so brauchte. Durch dieses Schloss mit dieser Ausstattung konnte Kerjégu viele Pariser in die Montagne Noires locken. Um dies etwas nachzuempfinden, sind im ganzen Garten Schwarzweißfotos mit Menschen in Kleidung der Belle Époque aufgestellt. Der Garten ist enorm, 85 Hektar, riesige Rhododendronbüsche, eine kleine Kapelle und ein alter Gemüsegarten mit Gewächshaus, der, genau wie das Gestüt, gerade auf Vordermann gebracht wird. Im Gewächshaus gibt es kleine Spiele rund um Pflanzen, schöner natürlich, wenn man zu zweit ist. Vor dem Schloss sind rote Bänke in Ellipsenform angeordnet aufgestellt, Werk eines Künstlers, genau so wie die silbernen Streifen auf der Schlossfront. Jedes Jahr wird ein Künstler nach Trévarez eingeladen, sich dort auszutoben. Dieses Jahr Felice Varini.
die roten Bänke von Varini
Silberstreifen von Varini
Mir hat gefallen, dass man das Schloss in diesem Status zwischen halbkaputt und Renovierung sehen kann, das hat seinen ganz eigenen Charme, und natürlich der Park, in dem man schön spazieren gehen kann, auch bei Regenwetter.

Auf dem Rückweg schaute ich noch bei Fanny vorbei, es regnete inzwischen wie aus Eimern, und Hund Breizh war etwas verwirrt, dass auch ich Fannys Kommando "Raus!" (wenn er sich entfernen soll) beherrschte...

Samstag, 23. Mai 2015

Port Musée Douarnenez





Nach dem Bigoudenmuseum war ich am nächsten Tag im Museumshafen von Douarnenez. Da das Museum teilweise draußen ist, sollte es schon schönes Wetter sein, wie an diesem Tag. Außerdem wollte ich sehen, ob noch etwas bei dem Segelfest Grand Prix Guyader zu sehen ist.
Douarnenez ist in Frankreich vor allem für seine Sardinen bekannt, ähnlich wie Concarneau. Früher gab es da eine Konservenfabrik an der anderen, in der vor allem viele Frauen arbeiteten, die Männer waren ja zumeist auf See.
Im Museumshafen kann man alte ausgemusterte Schiffe sind, die restauriert wurden und teilweise begehbar sind, wie z.B. die "Saint Denys" aus Cornwall und die "Dieu Protège" (Gott beschütze). Andere, wie die englische "Northdown" sind nicht zum Besuch frei gegeben.











Die "Dieu Protège"





Kojen




Leuchtturmschiff "Swansea"



Die "Roi Gradlon" (König Gradlon" aus Lorient





Restaurant, man beachte "Chez Gunther" (Bei Gunther)

Hafenbecken Port Rhu
Es war sehr interessant, wenn man in die Schiffsbäuche runtergestiegen ist. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, war zumindest die "Dieu Protège" ein Sandschiff, auch ein ganz großer Industriezweig des früheren Douarnenez. Diese Schiffe mit imposanten Laderäumen fuhren also aufs Meer, um Sand zu laden, ohne die heutige Technik eine Mordsarbeit und leider auch nicht ganz unschädlich für die Umwelt, wie man sich denken kann. Man konnte auch den Maschinenraum sehen, die Kojen der Besatzung und des Kapitäns, die Kommandobrücke (natürlich einfacher ausgestattet als die bei uns im Museum), etc. Das Ganze wirkt sehr authentisch, wenn es unter dem Bug noch schwankt.

Stehpaddler
verstecktes Kirchlein
Eingangsportal einer Kirche in Douarnenez

Wie fast überall in Frankreich, machte auch das Museum mittags zu, diese Zeit nutzte ich, um den Hafen auf der Fußgängerbrücke zu überqueren und mal rüber zum Segelfest zu schauen. Ich wusste, dass es der letzte Tag war, aber angeblich sollte noch ein kleines Volksfest sein. Nix war, außer ein paar Stehpaddlern, die das schöne Wetter nutzen, um sich in diesem Sport zu versuchen. Darunter auch einige gestählte Surfkörper. Ich wollte ja eigentlich auch ein paar Tage früher einen Versuch im Stehpaddeln wagen, aber die Angina hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. So schlenderte ich noch ein bisschen durch die Stadt. Das Wetter war super, aber durch den Wind wusste man nicht so recht, ob einem kalt oder warm sein sollte.





Nach der Mittagspause vollendete ich meinen Besuch im Außenbereich des Museums und ging in den Innenteil. Es gibt einen Audioguide auf Deutsch, der aber wenig spannend gestaltet ist, sehr drollig waren die französischen Aussetzer zwischendurch. Im Erdgeschoss waren hauptsächlich verschiedene Bootstypen aus aller Welt zu sehen, interessant vor allem am Anfang, dann aber verliert sich die Führung etwas in Einzelheiten. Das Obergeschoss wiederum beherbergt wechselnde Ausstellungen, über Containerschiffe und Sindbad. Im Untergeschoss war auch eine Fotoausstellung über afrikanische Fischer gewesen, die aber, weil es eben Fotos waren und wenig Text, gut zu meistern war. Im Obergeschoss wurde man von den vielen Informationen aber förmlich erschlagen, das war eindeutig zu viel.
Dem Vergleich mit unserem Fischereizentrum kann es nicht gerade standhalten. Meine Kollegin Manon meinte, das Problem des Port Musée sei es, dass man als Besucher quasi hineingeworfen würde, ohne vorher ausreichend über den Standort Douarnenez aufgeklärt worden zu sein. Das stimmt schon ein bisschen, aber ich fand den Informationsüberfluss schlimmer, man wird dann völlig orientierungslos und merkt sich sowieso nichts mehr.
Fazit: Außenbereich sehenswert, Obacht beim Innenbereich.

Eingang des einstigen Auktionsgebäudes