Sonntag, 26. April 2015

Quimper I Stadtrundgang

Quimper ist die nächste größere Stadt und alte Hauptstadt des früheren Königreichs Cornouaille. Für bretonische Verhältnisse ist sie mit 63.600 Einwohnern recht dicht besiedelt.

Ich kannte die Stadt schon von früheren Besuchen, aber weil ich nun mal länger in der Gegend bin und meine Reiseführer von Dingen in Quimper sprachen, von denen ich noch nie oder nur wenig gehört hatte, schnappte ich mir meine beiden Bücher, um mal einen etwas anderen Stadtrundgang zu wagen. Ausgangspuntk war für mich der zentrumsnahe kostenlose (!) Parkplatz La Tourbie oberhalb der Rue Élie Fréréon, benannt nach einem französischen Publizisten aus dem 18. Jh., der in Quimper geboren wurde und vor allem durch seine Streitereien mit Voltaire bekannt ist. Diese Straße führt direkt auf den zentralen Platz Place St. Corentin mit der Kathedrale St. Corentin im Mittelpunkt. Ich ging zunächst etwas anders runter, vorbei an einem versteckten Garten hinter einem Collège (Oberschule). 
Die Kathedrale St. Corentin ist nach dem Hl. Corentin benannt, einem Eremiten, der auf dem Berg Menez-Hom lebte. König Gradlon bat Corentin, Bischof von Quimper zu werden und stellte ihm dafür Land für den Bau einer Kirche zur Verfügung. So sagt man jedenfalls. König Gradlon musste zuvor aus Ys fliehen, dem Atlantis der Bretagne. Seine Tochter Dahut hatte sich vom Teufel verführen lassen und ihm die Schlüssel der Stadt gegeben, woraufhin dieser die Stadttore öffnete und die Stadt versank in den Fluten des Atlantiks; und da befindet sie sich heute noch, irgendwo in der Bucht von Douarnenez. Zwischen den Türmen der Kathedrale ist eine kleine Reiterstatue von Gradlon zu sehen, hinter die sich früher bei einem Fest zu Ehren Gradlons jemand setzte, um der Statue zu "trinken" zu geben, dann aber das Glas runter warf; natürlich trank er es vorher aus und derjenige, der es heil unten auffangen konnte, erhielt 100 Goldtaler.

Cathédrale St. Corentin


König Gradlon

Portal

plastische Altarfiguren



der schiefe Chor

Legende des Hl. Corentin: Leben als Eremit am Menez-Hom, ernährte er sich stets von einem Fisch, den er morgens in einer Quelle fand und jeden Morgen war der Fisch wie durch ein Wunder wieder vollständig (für die Nichtchristen unter uns: Der Fisch symbolisiert wahrscheinlich Jesus)


Kopie der Grablegung von Bourges (18. Jh.)
Seitenportal
 
Begonnen wurde mit dem Bau der Kathedrale im 13. Jh., der Chor ist leicht versetzt gebaut, um eine kleine Kapelle mit einzuschließen. Ich war mir erst nicht ganz sicher, wo der Chor genau ist, bei den vielen kleinen Räumen in einer Kathedrale, aber auf den Bildern ist es recht gut zu sehen, ab wann die Kathedrale schief ist. An Corentin kommt man in der Kathedrale logischerweise nicht vorbei: In Glasfenstern und an der Kanzel ist er omnipräsent. In einer Kapelle steht auch eine Kopie der Grablegung von Bourges.
Flux wieder zurück in die Rue Élie Fréréon, in der mir mein schlaues Buch die Häuser Nr. 20 (mit Renaissance-Vorbau) und Nr. 22 (mit Schiefer verkleidetes Fachwerk aus dem 17. Jh.) empfahl.
Faïencen aus Quimper (Keramik)
Rue Élie Fréréon Haus Nr. 22

Rue Élie Fréréon Haus Nr. 20
Noch zu haben!
 Viele Straßen im Zentrum haben Namen nach dem Gewerbe, was hier ausgeführt wurde, oder dem Material, was auf ein bestimmtes Gewerbe schließen lässt.
Butterplatz

Salzstraße
 In der Rue du Sallé waren früher hauptsächlich Fleisch- und Wurstwarengeschäfte angesiedelt.
Salzstraße Nr. 10: Minuellou, frühere Residenz der Familie Mahaut

Fleischerstraße

Karyatidenhaus in der Rue du Guéodet, auch bekannt als "Maison des têtes" (Haus der Köpfe, 16. Jh.). Zu sehen sind verschiedene, im Stil Henri II. gekleidete Figuren, die Bürger aus Quimper darstellen, die sich im Krieg der Liga gegen Marschall Aumont ausgezeichnet haben. O-Ton Reiseführer: "Das erklärt ihre freudigen Mienen."

Schusterstraße (kereon ist das bretonische Wort für Schuster)

Blick in die Schusterstraße
 Haus Nr. 9 der Rue Kéréon mit eher untypisch bemalten Schnitzfiguren:



Esel- bzw. Ponyreiten in der Altstadt

Hausheilige


Der Flus Steir

Herzogsplatz: Dieser Platz gehörte nicht dem Bischof, sondern dem Herzog mit dem weltlichen Stadtzentrum (Gericht, Gefängnis, Markt)

Rothutstraße
Heilige Anna

Mediathek der Ursulinen

St. Mathieu

Rue St. Mathieu


Panorama Place Terre-au-Duc



Straße der Edelmänner
 In der nächsten Folge: Musée Départemental Breton

Samstag, 18. April 2015

Petermännchenalarm!

Nach dem anstrengenden Freitag (die Hälfte der Kartons für die "diffusion" war falsch) habe ich mich am 11.4. trotzdem dazu aufgerafft, pünktlich um 11 in Audierne zur Führung durch die Aquashow zu sein. Die nue Broschüre erweckte nicht mehr den Eindruck, dass es nur eine Show sei, sondern dass es sich wirklich um ein Aquarium mit einem kleinen Spektakel handelte. Außerdem war ich bei meinem ersten "diffusion"-Tag schon dort vorbeigekommen. Auf dem Weg nach Audierne bemerkte ich ein Auto, was im Straßengraben lag. Bei der nächsten Gelegenheit entschied ich mich, doch mal nachzusehen, ob jemand Hilfe benötigte. Eine andere Autofahrerin hatte die selbe Idee wie ich, aber beim Hineinschauen war niemand zu entdecken, anscheinend hatten sich die Insassen selbst befreien können. So konnte ich halbwegs beruhigt weiterfahren. Bei der Aquashow war ich mit einem Mann und seiner kleinen Tochter die einzige Teilnehmerin. Flux ging es durch die Aquarien, und ich musste mit Schrecken feststellen, dass es auch in der Bretagne Petermännchen gibt - Hilfe! Es grenzt an ein Wunder, dass ich meine bisherigen Urlaube in der Bretagne stets unbeschadet überstanden habe, wo die Petermännchen doch vor allem im Sommer gerne in Strandnähe sind. Ich wähnte sie bisher weit weg im Mittelmeer an den Stränden Sardiniens. Nun gut.
Es gab auch Seeteufel zu sehen, die lebend und im Wasser um einiges hübscher sind als in den Kisten der Auktion. Durch ein Klopfen an der Plexiglasscheibe (vom Pfleger versteht sich) konnten sie dazu bewegt werden, ihre Jagdtechnik mit Angel vorzuführen, die sich aufstellt, um die Beute anzulocken. Zudem stach ein Hummer mit Pigmentstörung aus der Fischschar heraus. Die Führung wurde schnell beendet, weil gleich das Vogelspektakel begann, denn an das Aquarium ist ein Vogelpark angegliedert: Vogelherrin Margot erläuterte die verschiedenen Jagdtechniken anhand von Weißkopfseeadlerdame Dana (die kein Adler ist, denn Fischadler gelten zumindest in Frankreich nicht als Adler), einem Schwarzmilan, einem Ibis, einem Uhu und mehreren Kormoranen. Nach einem kleinen Mittagsimbiss konnte ich auch noch Turmfalke Piwi mit Handschuh auf den Arm nehmen.









Schleiereule Olga scheint mäßig begeistert

Man kann sich das Leben auch selbst schwer machen, nor?

Schwarzmilan

Weißkopfseeadlerdame Dana

Schiffsfriedhof in der Anse von Locquéran (denkmalgeschützt)

alte Hummerfangboote

Hummer mit Pigmentstörung

das neunfach geteilte Hirn des Oktopus

Piwi in Aktion




St.-Raymond-Nonnat

Strand am Fährhafen von Esquibien

St. Tugen

St. Primel


Der Heilige Primel
Danach sah ich mir noch etwas Audierne an, wanderte zur Kirche St. Raymond (die mein Reiseführer erwähnte) und fuhr zum Fährhafen von Esquibien, um zu sehen, von wo aus die Schiffe zur Ile de Sein abfahren, wenn ich das mal machen möchte. In Primel fuhr ich auch noch kurz an der Kirche St. Tugen, die von einer Baustelle umringt war, und St. Primel vorbei. Primel war ein Heiliger, dessen Name zu Deutsch einfach nur schöner Mann bedeutet und wie, so habe ich den Eindruck, fast alle Heiligen mit den anderen beiden Nationalheiligen St. Corentin (Bischof von Quimper) und St. Ronan (Locronan) bekannt war, sicher auch noch mit St. Guénolé (Abteigründer von Landevennec).

Sonntag habe ich fast nichts gemacht, abends bin ich mit Marine ins Kino zu "Cendrillon" (Aschenputtel) von Kenneth Brannagh gegangen, was ganz gut war, weil ich an diesem Nachmittag einen Anflug von Heimweh hatte, aber andererseits wusste ich nicht, dass in dem Film u.a. der Dresdner Zwinger als Kulisse gedient hatte, wenn auch mit visueller zweiter Etage...