Mittwoch, 29. September 2010

Rollskitraining der Allroundjungs und ein Wiedersehen


Wie ihr seht, ich bin gaaanz dick eingepackt, obwohl es in der Sonne schon recht warm war. Aber als ich heute morgen zur Arbeit ging, lag die Temperatur immerhin bei kuscheligen 0,6°C!

Vormittags haben Per und ich dem Rollskitraining der Elitelag oder des Allroundteams der Herren zugesehen. (Dieses musste am Sonntag in ein anderes Hotel umziehen, nachdem es abends im Sporthotel des Toppidrettsenters im Verwaltungstrakt gebrannt hatte, Brandstiftung.)
Vier Mal hoch auf den Grefsenkollen, einem Berg, von dem man wunderbar auf Oslo blicken kann. Mir war ein bisschen kalt, ganz im Gegensatz zu den Jungs, die so geschwitzt haben, dass ich ein bisschen neidisch war und gerne etwas von der Hitze abbekommen hätte, aber so ist das eben, wenn man sich nicht bewegt...
Eldar Rönning, gefolgt von Martin Johnsrud Sundby
v.l.n.r.: Tord Asle Gjerdalen, Kristian Tettli Rennemo(, Per) und Petter Eliassen
War fast immer der Erste: Petter Northug
Einige der Athleten habe ich auch begrüßt. Petter Northug ist ein sehr stiller Mensch, aber das gerade hat mir gut an ihm gefallen. Mein Kollege Erik redet auch nicht viel und gerade das macht ihn mir sympatisch. Aber mit Petter wöllte ich definitiv nicht tauschen, egal wo er hingeht, nie hat er seine Ruhe. Ich weiß ja nicht, inwiefern er zu dem Rummel um seine Person beigetragen hat, aber als ich zu Aage Skinstad (unser Sportchef) meinte, er (Aage) wäre ja immer so gut gelaunt und nett, da sagte er, ich solle das noch mal nach der Pressekonferenz mit Petter Northug sagen. Es stand heute auch in allen Zeitungen, wie und was Petter bei der Konferenz gesagt hat, da wird ja jedes Wort auf die Goldwaage gelegt.
Hier könnt ihr noch ein kleines Video vom Training sehen mit den Jungs, da war Petter schon vorbei:

Nach dem Lunsj hatte ich dann ein sehr erfreuliches Wiedersehen mit den Jungs aus Aure/Kristiansund, wo ich ja in den ersten zwei Wochen meines Norwegenaufenthaltes gewesen war, Björn Hauge, Harald Fladseth und Haavard Sagli. Mit Per und mir haben sie dann mit Hilfe einer Präsentation noch mal Bilanz über die Toppidrettsveka 2010 gezogen und diese Präsentation begann mit der Zeile "Tusen takk Per & Henrike" (Tausend Dank Per & Henrike), da war ich schon ein bisschen gerührt. Nachdem Harald sich bei Per bedankt hatte, hat er sich bei mir auch noch mal extra bedankt, darüber habe ich mich sehr gefreut, aber wer mich kennt, der weiß ja, dass ich mir das nicht direkt peinlich ist, aber ich mich etwas unbehaglich fühle - aber ich glaube, die Freude hat überwogen, denn ich hätte nicht erwartet, dass er sich bei mir bedanken würde. Ich meine, ich habe zwar so gut geholfen, wie ich konnte, aber es waren ja meine ersten Tage in Norwegen und alles neu,  und ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich so viel wirklich hatte helfen können. Haavard hat mich auch gleich zur Toppidrettsveka 2011 eingeladen, mal sehen, ob ich das schaffe.

Ich weiß ja seit gestern von Kletterkumpanen auch, dass ich mit der Mitgliedschaft im Osloer Studentensportklub in einer der Sporthallen kostenlos schwimmen gehen kann, das ist toll! Seit ich in Selbu wieder ein bisschen damit angefangen habe, macht mir das viel Spaß und meinen Rücken sollte es allemal freuen.

Es grüßt euch, und bis zum nächsten Mal,
eure Henni

Montag, 27. September 2010

OnArrival/ Ankunftsseminar in Selbu!

Gleich vorab: Es wird ein langer Eintrag - ich muss ja was für Gabis Abendunterhaltung tun, wobei es auch eine Nachtunterhaltung werden könnte.Daher möchte ich das große Seminar in Lilleström für die neue Saison bei Oslo, welches am Wochenende vor meinem Seminar in Selbu stattfand, nur kurz umreißen: sehr informationsreich und kulinarisch durchaus zu genießen. (Doch selbst dort war ich nicht vor Hansi Hinterseer sicher, er und Vater Ernst kamen im Eröffnungsfilm des Seminars vor - wahrscheinlich hatte keiner einen blassen Schimmer davon, was Hinterseer jr. jetzt macht...)

Weil es jetzt so viel zu erzählen gibt, versuche ich ganz systematisch vorzugehen.
MONTAG - Leicht müde bin ich mit U-Bahn und Flughafenzug nach Oslo-Gardermoen getingelt, um mir dann sagen lassen zu müssen, dass mein Rucksack in die Kategorie "Oversized baggage" gehört (die Kollegen in Berlin-Schönefeld und später auch in Trondheim waren da anderer Meinung) und eine ganze Weile auf den Servicemann von Norwegian zu warten, während der von SAS die ganze Zeit da war - na ja, man will sich ja nicht beschweren. Mein Flug nach Trondheim verschob sich ja dann auch um eine geschlagene Stunde und ich bin der Meinung, dass kaum ein Flugzeug pünktlich die Rollbahn in Gardermoen verlässt. Im Flugzeug saß ich dann recht weit hinten, aber am Fenster. Mein Schnatterinchen musste den Flug im Rucksack überstehen, weil ich nicht mehr rauskonnte, vermutlich hätte ich es sowieso vor Nervosität zerquetscht. Diese Nervosität erhielt zusätzlichen Anschub, als ein kleines Flugzeug der Gesellschaft Wideröe nach bereits gestarteten Propellern abbrechen und alle Passagiere samt Gepäck wieder aussteigen mussten! Von Beginn des Startens bis zum Landen behielt ich die Tragflächen und Turbinen kritisch im Auge...so sehr, dass ich nach dem Startlooping, diversen Luftlöchern usw. einen kleinen Anflug von Panik bekam, als das Flugzeug sich plötzlich nach unten neigte und durch die Wolken hindurch, bis mich dann eine freundliche Durchsage aufklärte, man würde in 10min den Flughafen Trondheim-Vaernes erreichen.

Dort habe ich dann einige andere Frewillige getroffen, die anscheinend auch im selben Luftgefährt gesessen hatten wie ich und von denen eine (Annija aus Lettland) gar nicht weit von mir arbeitet, und dann wurden wir von Mimmi Solem abgeholt, die Internatsleiterin der Peder Morset Folkehögskole (PMF) ist. Auf so eine Volkshochschule kann man nach Schulabschluss gehen, um dort noch einmal ein Jahr lang freiwillig zu lernen, sei es mit Medien, Sport oder auch Pferden. Die PMF in Selbu nimmt außerdem seit ihrer Gründung immer (geistig) behinderte Menschen zu ca. 50% mit auf. Nach einer halben Stunde Fahrt hatten wir dann Selbu erreicht, das Wetter war strahlend schön und sehr warm. Danach ging es gleich los zur Vorstellungsrunde mit Trainer Nils aus Vinje in der Telemark: Kennenlernspiele und Präsentation der Projekte. Ganz zum Schluss kam dann noch die Freiwillige Zsófia aus Ungarn dazu, die aus Mandal angereist war und dank Norwegian ihr Gepäck erst am nächsten Tag bekam.

Die Künstlerin und ihr Werk

Die Bettentester Henrike, Giedre [spricht sich Gjerdrje aus] (LIT) , Zsófia [schofia] (HUN) und Annija (LAT)

Einige Mädels und alle Jungs (4) haben im Haus der Freiwilligen übernachtet, die an der PMF arbeiten und ich wurde mit 5 weiteren Mädels in den zu einer Disko umfunktionierten Feuerschutz- bzw. Zufluchtsraum einquartiert - ein sehr abenteuerlicher Schlafplatz, aber am schwersten war es, morgens aufzustehen, wenn alles noch dunkel ist, denn der Raum hatte ja keine Fenster.

DIENSTAG - ab 7h45 gab es Frühstück, aber ich hatte mir den Wecker natürlich wieder viel zu früh gestellt... Nach dem Frühstück mussten wir uns immer ein Matpakke (Esspaket) für den Lunsj machen, wie es in Norwegen Brauch ist. Anschließend ging es weiter mit Nils und auch einer Dame aus Oslo von der Nationalagentur BUFDIR, die aber nicht wirklich viel zum Geschehen beitrug.
Nils in Aktion vor dem Hintergrund des Heimatlandzeitstrahls, auf dem jeder ca. 3 Dinge seines Heimatlandes verewigte, der Spitzenreiter: 2. Weltkrieg
Giedre, immer aktiv und manchmal ein bisschen wie eine russische Mutti - fehlte nur noch das "nu, nu!" (was sie nicht sehr gerne hörte, v.a. wegen dem Adjektiv "russisch"), und ihr typischer Blick beim Erklären ihres Lebensflusses
Der Torrero aus Madrid und sein russischer Stier - Antonio und Ilja
Unsere Truppe: Hintere Reihe v.l.n.r. - Trine-Lise (BUFDIR), Antonio (ESP), Ainara (ESP), Carlos (ESP), Nils, Maritxu [maritschu, baskisch] (FRA), Zuzka (Zuzana, CZE), Ilja (RUS), Stephan (aus Eichfeld), Annija (LAT); zweite Reihe - Claire (Vive la Bretagne! aus Vannes, FRA), Sina (GER), Sarah (FRA), Giedre (LIT), Victoria (GER/RUS), Maria (POR), Zsófi (HUN); vordere Reihe - Selina (AUT) und ich (nur Anna aus Polen fehlt, die das Foto gemacht hat, aber ihr seht sie auf dem nächsten Bild beim Gitarrenspiel mit Ilja)
Am Abend sollten wir uns dann Gedanken über ein kleines Programm für Sonnabendabend machen, unterhaltsam, aber nicht zu kompliziert, damit es auch die behinderten Schüler verstehen und wir haben uns dann am für Gierdres Energizer (Auflockerungsübungen) zu Beginn entschieden, sowie ein lebendiges Theater (ähnlich dem zu Silvester manchmal gebräuchlichen, in dem jedes Ding/Tier von einem Schausteller verkörpert wird, sei es das Fenster oder der Hirsch) und eine umgedichtete Version von "In the jungle". Manch einer kennt von diesem Theater vielleicht die übliche Geschichte von der Prinzessin, die vom Unhold geraubt und dann vom tapferen Recken errettet wird - daher drehte sich unsere Geschichte um eine Prinzessin irgendwo zwischen Alicante und Malaga, die vom Torero (natürlich verkörpert von Antonio) vor dem Stier (Carlos) errettet wird. Am Anfang waren die Bemühungen aber eher bescheiden... :

 Hier ein Rohschnitt der Probe kurz nach Beginn des Stücks:



 Und - bitte Ohren zuhalten - eine musikalische Kostprobe unseren Gassenhauers "In this Norway":


MITTWOCH - Da hieß es dann zum ersten Mal "Norwegian language, culture and history", zuerst mit Direktor Einar über die Geschichte Norwegens und dann mit unser aller Lieblingslehrer Torger Sprachkurs. Er erinnerte mich irgendwie an einen großen Zwerg, mit seinem Spitzbärtchen und dem lichten Haar, wir haben ihn alle sehr gemocht!
Torger in Aktion und hinter ihm der Satz "Skal vi ta en pause?" (Sollen wir eine Pause machen?)
DONNERSTAG - Vormittags war wieder Sprachunterricht, eigentlich war aber ein Großteil davon als Fjelltur gedacht, da aber der zuständige Lehrer krank war, sind wir dann am Nachmittag eine kleine Runde mit Torger gegangen und aufgrund des ständigen Tröndelag-Nieselregens erwies sich meine neue Regenhose als wahrer Segen.

Ich, Annija, Selina und Stephan
Raubtierfütterung mit roter "brus"
Torger erklärt einen Ameisenhaufen
 Am Abend war dann die immer am Donnerstag stattfindende Party in der Bomba (unserem Schlafquartier), sodass wir dafür unsere Matratzen räumen mussten. Das Motto war "Bad Hair Day", für mich ja kein großes Problem, ich brauche nur meine Haar im trockenen Zustand zu kämmen und schon habe ich das "worst hair ever seen". Nur Antonio sah an dem Abend mit Abstand schlimmer aus als ich...
Zsófi VOR der Party

Da es mir dann aber zu bunt und laut wurde, bin ich dann mit einigen anderen in den Pool (oder wie der Norweger sagt: basseng) geflüchtet, das war echt eines der besten Dinge des Seminares. :)

FREITAG - TRONDHJEM!!!! (auf nynorsk, eigentlich heißt es Trondheim) Nach dem Lunsj sind wir ca. eine Stunde mit einem etwas holprigen Bus in die Innenstadt gefahren - und Trondheim gefällt mir wirklich, schöne alte Häuser, eine große Fußgängerzone und nicht so viel Verkehr. Wir sind zuerst mit Mimmi in den Nidarosdom gegangen, sehr beeindruckend! Danach habe ich Christian getroffen, den Dresdner Mitbewohner meines Bruders, der in Trondheim zwei Semester Physik studiert - das war noch schöner! Aber es war auch schwer, ihn wieder gehen zu lassen, es war ja auch nur so kurz und doch jemand großes Vertrautes in der Fremde.
Nidarosdomen
Im Hintergrund sieht man Christian und mich unseren Wiedersehensplausch halten


Rückzu sind wir auch am Heimstadion des RBK (Rosenborg Ballklub) Trondheim vorbeigefahren, die zuvor gegen eine Mannschaft aus der 2. Liga verloren hatten, was ungefährt einem Sieg Dynamo Dresdens gegen Bayern München gleichkommt - entsprechende Gesichter sah man auch am Tag nach dem Spiel in der Schule...
De facto haben wir auf der Rückfahrt gleich 3 (!) Elche gesehen, als Mimmi plötzlich "ELG!!!" rief und der Bus fast eine Vollbremsung machte, aber eigentlich waren es drei unförmige Schatten am Waldrand kurz vor Sonnenuntergang und noch dazu einige Meter entfernt, man konnte also nicht wirklich was erkennen.


SAMSTAG - Zum Frühstück gab es nicht wie üblich neben Brot u.ä. Havregröt (Haferbrei, war aber eher wie Milchreis) mit Zucker und Zimt (und Marmelade), denn das würde es zum Lunsj geben und so sind wir nach dem Frühstück ins Heimatmuseum nach Selbu gefahren, wo wir über die lokale Stricktradition aufgeklärt wurden, deren Markenzeichen die achtblättrige Rose ist. Ich habe mir in der Schule dann auch ein Paar Handschuhe gekauft, denn dort kosteten sie statt den 300NOK des Museums nur 100NOK und Midori meinte, in Oslo kosten sie bestimmt 600NOK.

Am Abend haben wir dann unser Programm vorgeführt, welches uns mit Bravour gelang und das Publikum hat es uns auch gedankt. Da Stephan außerdem seinen 23. Geburtstag feierte, sind einige mit ihm los in die Waldhütte, in der wir schon am Donnerstag gewesen waren, während die, denen es zu dunkel, kalt und unheimlich war (also auch ich) mit Inbrunst Ligretto bis halb eins spielten - das Spiel der Spiele unseres Seminars, man kann wirklich nicht mehr damit aufhören, wenn man einmal damit angefangen hat. Anna und Annija wagten sich sogar noch zum frühmorgendlichen Sonntagsschwimmen im Basseng.
So sah es an vielen Abenden aus - Ligretto total!
Gierdres Kunstwerk - mein "Good hair day"
SONNTAG - Abreise. Nach einem Brunch ging es dann auch schon Richtung Trondheim-Vaernes. Das Komische war, dass wir alle 4, die wir nach Oslo mussten, 4 verschiedene Flüge genommen hatten - Victoria halb 2, Annija kurz nach 2, ich halb 5 und Zsófi um 5. Das heißt, ich sollte eigentlich halb 5 starten und halb 6 in Gardermoen ankommen - aber es ist ja Norwegian und langsam bekomme ich das Gefühl, diese Fluggesellschaft ist in etwa so wie die Deutsche Bahn. Da muss ich gleich an meinen lieben Physiklehrer Herrn Wobst denken, der einst so weise sagte: "Der Einsteinzug in der Praxis? Bloß nicht, dann wäre die Deutsche Bahn ja pünktlich!" So habe ich dann Zsófi verabschiedet und nicht sie mich, der letzte von vielen quälenden Abschieden dieses Tages. Grund der Verspätung des Flugzeuges waren Probleme im spanischen Alicante, wahrscheinlich weil die Stadt sich wegen der vom Stier entführten Prinzessin noch in völligem Ausnahmezustand befunden hatte. Aber so böse konnte ich Norwegian dann doch nicht sein, oder eher dem Flugzeug, denn auf dessen Heck prankte ein großes Foto von Roald Amundsen (mit Geburtsdaten)! Im Flugzeug erwartete mich dann ein überfreundlicher Steward, der besonders zu den weiblichen Gästen äußerst zuvorkommend war und an eine Mischung aus Lucas Kazzer (ja, Luci, so vom Aussehen [nur mit Locken] und Temperament her) und meinem Kollegen John-Olav erinnerte (in punkto Frauen). So hatte er sich denn zwei spezielle Freundinnen eingeladen, die er abwechselnd mit Kaffee und anderen Dingen beköstigte. Aber anscheinend wollte er dann eine loswerden, denn die quartierte er dann kurzerhand in die Pilotenkabine um. - Schnatterinchen fest in den Händen, galt mein kritischer Blick nach hinten (ich saß diesmal in der 2. Reihe am Fenster) wieder den Tragflächen und Turbinen, deren Geräusche mir manchmal die Haare zu Berge stehen ließen. Mag das Fliegen für viele wie Bus und Bahn sein, für mich wird es das nie, es ist auf der einen Seite sehr aufregend und natürlich viel schneller, auf der anderen Seite ist es aber auch ziemlich unbehaglich für mich, tausende Meter über der Erde zu sein und nicht einfach ohne Konsequenzen aussteigen zu können. Schließlich war ich dann ca. um 7 zu Hause und war einfach nur kaputt, denn in der U-Bahn hatte ich meinen großen Rucksack (ja, er war etwas größer als ich, Jule) aufgrund tausender teilweils grölender Vaalerenga-Fans nicht absetzen können. Vaalerenga spielt zu Hause immer im Ullevaal Stadion und ich fühlte mich etwas wie mit Dynamo-Fans in der Straßenbahn.

Nun ja, das soll erst mal genügen - morgen treffe ich eine sehr interessante Person, Öyvind Sandbakk, der nur Nynorsk spricht und Öystein Pettersen seinen Spitznamen "Pölsa" (die Wurst) verpasste.
Bis dahin, ha det bra! (Es gab jetzt gerade Spaghetti - mein Gastvater Christian und ich liegen in Sachen Kochen eben auf einer Wellenlänge, wenn ihr wisst, was das heißt.)
Eure Henni

Mittwoch, 15. September 2010

Hansi Hinterseer ist doch immer ein gutes Omen - es ist nur eben leider Volksmusik

Trainerin Christine Marie, ich und das Objekt der Begierde
Um gleich vorab die Überschrift zu erklären: Seit einigen Wochen sehe ich montags auf TV2 die historische Miniserie "Arn - Tempelridderen" (Arn - der Tempelritter), nach den Büchern von Jan Guillou. In Schweden lief die Serie als Kinofilm. Leider ist es aber auch bei TV2 Gang und Gebe, eine Werbepause einzuschieben und was müssen meine entsetzten Augen sehen: Da flimmert doch plötzlich munter eine Reklame für Hansi-Hinterseer-CDs über den Bildschirm!!!Bitte?! - Ich hatte mich erst nach einigen Minuten wieder beruhigt... (Per kennt den lieben Hansi übrigens nur als Skiläufer und meinte, es handele sich um einen Irrtum, als ich ihn darüber aufklärte, dass er nun Volksmusik singt und höchstens als blonder Sangesengel den Hang mit Hüftschwung hinunterschwebt.) Aber - was soll ich sagen, Aberglaube oder nicht: Am nächsten Tag habe ich beim Klettertraining den Brattkorttest BESTANDEN!!! (Auch wenn ich meine Vorstiegsicherungstechnik mehrmals unter Beweis stellen musste.) Und kann jetzt auch andere Osloer Kletterhallen unsicher machen und vor allem muss ich nicht immer den Trainer zu Rate ziehen, man ist doch ein Stückchen selbstständiger damit.
Aber ich sollte doch nicht zu sehr auf Omen à la Hansi Hinterseer setzen, denn von einem Tag auf den anderen, genauer von gestern auf morgen, fing mein linker unterer Weisheitszahn an, Anstalten zu machen, herauszukommen und es ist nicht gerade sehr angenehm. Der Zahn darüber ist schon draußen, ohne Probleme und meine Zahnärztin hat mir auch versichert, dass alle Weisheitszähne genug Platz haben, um rauszukommen - ich hoffe sie hat Recht und kalter Tee hilft... (Ich würde das Behandlunsgeld für den Zahnarzt zwar von meiner Versicherung wiederkriegen, aber großen Wert lege ich nicht auf diese Begegnung - nebenbei, selbst bei einem Routinebesuch kommt man locker über die 100€-Grenze, während Arztbesuche sonst sehr preiswert sind.)

Am Montag konnte ich ja erst mal etwas länger schlafen, denn ich habe mich mit Per im Toppidrettssenteret (Topsportcenter) des Olympiatoppen am Sognsvann getroffen und dort haben wir den Sprintherren John Kristian Dahl und Öystein Pölsa Pettersen beim Ausdauertest auf dem Laufband zugeschaut - und ich sage euch, das ist hart! Am Ende sah man nur noch Schweiß und Muskeln... Die Athleten hatten so eine Klammer auf der Nase, damit sie nur durch den Schlauch im Mund atmeten, um festzustellen, wieviel Liter Sauerstoff sie in der Blutlaufbahn haben und das ist ja beim Laufen am meisten in den Beinen. Sowohl John Kristian als auch Öystein hatten mehr als 6 Liter und das ist eine ganze Menge! Trainer Ulf Morten Aune war jedenfalls zufrieden und da denke ich mal, dass es auch sehr gut war. :) Außerdem mussten zwischendurch die Laktatwerte gemessen werden, um festzustellen, wie sehr sie sich für die jeweilige Geschwindigkeit (und der damit verbundenen Zeit) anstrengen mussten.
So sieht eine Wurst auf dem Laufband aus - nein, das ist ein Handybild von Öystein Pettersen kurz vor der Maximalgeschwindigkeitsphase
Heute konnte ich wiederum etwas länger schlafen (wenn auch meine Weisheit sich zu regen begann) und dann bin ich mit Per vom Toppidrettssenteret in die Nordmarka zum Frönsvollsaasen gelaufen, das ist ein recht sumpfiges Gebiet in der Nordmarka, durch welches aber mehrere Loipen laufen und dort sollten die Sprintgutta (Sprintjungs) Steilhanglaufen trainieren, also mit Stöcken, aber normalen Schuhen - das war auch unglaublich, wie die da den Hang heraufgerast kamen und dann entsprechend platt waren! Das Paradoxe an der Situation war ja auch, dass mir (und anderen) ziemlich kalt war, weil die Sonne noch nicht herumkam, aber die Jungs haben geschwitzt und gehechelt als wären sie in der Wüste.
Es war übrigens auch wieder TV und Presse dabei, ich glaube, zu dem Thema muss ich langsam nichts mehr sagen...
Und sowieso, als die berühmtberüchtigen 7Uhr-Nachrichten auf NRK1 (dort hatte ich zuvor zu Hause eine Folge "Derrick" [mit norwegischen Untertiteln] aus den 70er/80er-Jahren gesehen, Kult!) liefen, war ich vollauf damit beschäftigt, den Tritten und Griffen von Cato Fjukstad und seinem Kollegen Kjell Magne von der Sicherheitsakademie bei dem Selbstverteidigungskurs zu folgen - aber das viele Geld war es wert, denke ich. Und bei einem Punkt brauche ich mir keine Sorgen zu machen: dass ich durch zu aufreizende Kleidung Aufsehen erregen könnte. Überhaupt bin ich in punkto Kleidung etwas anders im Gegensatz zu vielen Norweger(innen): Wie aus dem Katalog und alles sitzt!

Anbei noch Impressionen des "Motbakketrening" (Steilhangtraining) der Sprintgutta:
Aufwärmen - die Ruhe vor dem Sturm
Rechts feuert Trainer Ulf Morten Aune die Läufer an
Soweit erkennbar: links Timo André Bakken (U23), Öystein und evtl. Anders Glöersen
Ola Vigen Hattestad und Anders Glöersen
Roar Hjelmeset und Per im Zwiegespräch
John Max Ernter auf seinem Hochstand
Ulf Morten beäugt kritisch die Zeiten


Anders und Öystein nach der Zielgeraden
Timo André und Öystein - eigentlich das beste Laufbild, wenn nur der Strommast nicht wäre...

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Vom Samstag gibt es noch ein paar Bilder des Wachs-LKWs oder Smöretraileren:

Skitechnikerchef Knut Nystad erklärt das Einmaleins des Heimskiwachsens (aber da waren so viele Fachbegriffe dabei, sodass ich zwar interessiert, aber leicht hilflos war)
Skitechniker Terje Fardal legt Hand an mit dem Skibügeleisen
Foto vom Smöretraileren während der Hochsaison
Am Media Markt kommt man auch in Norwegen nicht vorbei...

Freitag, 10. September 2010

Vom Wachs-LKW, einem (ganz normalen) Finanz-EVS-Wadi und dem Wolf im Heiligen

Hallo, hallo, da bin ich wieder!

Mein Betreuer Torsten in Dresden hatte mich ja schon darauf hingewiesen, dass das Taschengeld, welches man im Laufe des EVS bekommt, gerade so ausreicht, aber bei mir ist die Sache etwas anders. Denn nur noch im September wandle ich durch das finanzielle Wadi, weil ich unter anderem sowohl meinen Mitgliederbeitrag für das Wintersemester in der Klettergruppe als auch einen Selbstverteidigungskurs bezahlen musste. Daheim in Dresden bekam ich ja gleich einen ganzen Karatekurs mit Prüfungen, etc. angedreht, hier ist es ein Selbstverteidigungskurs für Mädchen, ein Abend, von der Sicherheitsakademie. Der ist nicht gerade billig, aber eben auch nur jetzt an einem Abend im September, und so musste ich für das ebenso nicht gerade billige Kinoticket heute Abend mein deutsches Konto anzapfen. Aber wie es so ein Wadi ebenso an sich hat, wird es auch ganz fix wieder voll, und dann darf es auch wieder eine Tafel Schokolade und ein Museumsbesuch mehr sein. :)

Gestern Abend war ich wieder beim Klettertraining und eigentlich ging es mir danach nicht soo gut, weil ich den Brattkorttest im ersten Anlauf nicht gepackt habe, dem wachsamen Trainer sei Dank. Aber er hatte ja recht und da bin ich ganz froh, dass er so akkurat war. Waren eben zwei kleine Fehler zu viel. Aber immerhin habe ich ein ganzes Jahr Zeit, um das auf die Reihe zu kriegen und ich darf mich optimistisch zeigen, dass ich das etwas eher schaffe. Zudem nimmt mich die Klettertruppe auch ohne Brattkort mit auf Touren, z.Bsp. werden einige Anfang Oktober nach Bohuslän in Schweden fahren, zum Rissklettern - und ich bin dabei!!! Äätsch, Mutti!
Viel Zeit, um mich über den misslungenen Versuch zu ärgern hatte ich eh nicht (habe ich auch jetzt nicht: Ich habe gerade erfolgreich eine Mücke davon abgehalten, mich des nachts zu ärgern!!!), denn meine Gastschwester Erica brachte nun schon zum dritten Mal Sushi von ihrer Arbeit in einem Restaurant mit nach Hause - lecker, kann ich euch nur sagen, auch wenn Wasabi mir immer noch etwas Halsschmerzen bereitet, da halte ich mich lieber an die Sojasoße.

Heute sind Per und ich erst einmal zum Hauptbahnhof gefahren, um Ticktes für den Flughafenzug zu kaufen, denn ich fliege ja schon bald nach Selbu zum Ausreiseseminar (also eigentlich fliege ich nur bis Trondheim). Mit unter 20 falle ich sogar noch in die Jugendpreisklasse bei der Flugzeugbahn. Wie auch immer, danach ging es zur Aker Brygge, das ist eine Art Viertel direkt am Hafen mit Restaurants, Büros und teuren Wohnungen für Leute ohne Anhang. Dort startete heute der sogenannte "smöretrailer" seine Tournee (oder wie der Norweger schreibt: turné). Smöretrailer sollte man wortgetreu mit "Wachslastzug" übersetzen, ich sage jetzt mal Wachs-LKW. Dieses Gefährt ist im Winter überall mit der norwegischen Langlaufmannschaft unterwegs und präsentierte sich nun vor den Büros des Hauptsponsors AKER dem gemeinen Volk, man konnte also reingehen und schauen, wie wo was funktioniert. Bevor sich die Besichtigung am Nachmittag (wo ich nicht mehr dabei war) in vollem Gang befand, wurde erst einmal mit Odd-Björn Hjelmeset, selbst aktiver Langläufer, geplaudert. Mit dabei waren Trainer, andere Funktionäre, einige Athleten und natürlich das Wachs- bzw. Skitechnikerteam mit Chef Knut Nystad. Außerdem konnte man sich auf einer Kunstloipe auf diversen Skiern probieren. Dies erwies sich aber als eine nicht ganz ungefährliche Angelegenheit, denn Per stolperte im Sturm der Energie aus der Loipe, was aber noch gar nichts im Gegensatz zu Morten Aa Djupviks (er ist Trainer der Herren allround Mannschaft) Kurzflug im Eifer des Gefechts gegen Sportchef Aage Skinstad war. Bei Aage bin ich ja je nach Bedarf Angela Merkel, Andrea Henkel oder anders. Ihm ist es mittlerweile erlaubt, so eine Erstidee muss ja belohnt werden.
Der Smöretrailer ist morgen oben am Sognsvann und wenn der angesagte Regen nicht zu schlimm wird, werde ich auch noch mal hingehen.

Die Wachs-LKW-Gesprächsrunde, v.l.n.r.: Moderator Odd-Björn Hjelmeset, die Athleten Tord Asle Gjerdalen, Maiken Caspersen Falla, Ola Vigen Hattestad, Eirik Brandsdal, Paal Golberg (U23), Anders Glöersen und Öystein Pölsa Pettersen.

Eigentlich befinde ich mich noch so halb in meiner eigenen Welt, denn ich komme ja gerade aus dem Kino, Preis für das Ticket 95NOK anstatt der gedachten 85NOK (und selbst das wäre noch mehr als ein Filmnächtepreis). Teilt das mal durch 8, aber ich sollte mittlerweile damit aufhören, sonst werde ich noch ganz verrückt. Ich habe mir den Film "Varg Veum - Skriften paa veggen" angeschaut, was im deutschen Fernsehen als "Der Wolf - Die Schrift an der Wand" angekündigt werden dürfte. Varg ist ein altes Wort für Wolf und Veum ist altnordisch und bedeutet irgendetwas mit im Heiligen, weshalb im Film und in den Büchern auch oft genug beton wird, dass der Wolf im Heiligen ja ein Zwischending aus Mensch und Tier sein müsse und Vargs Eltern sehr inspiriert bei der Geburt. In einem Buch wird es so erklärt, dass die Eltern sich ein Mädchen wünschten und bei der Geburt des Sohnes schlichtweg einfallslos waren. Der Film war nicht so hart wie ich gedacht habe und gleichzeitig war er es. Er unterschied sich auf alle Fälle von den bisherigen sechs Filmen, nicht nur in der Musik, die Stimmung war wirklicher. An besonders harten Stellen habe ich mir mal die Gesichter meiner Nachbarn angesehen und musste ehrlich gesagt fast lachen, weil viele mit starrem Blick und offenem Mund leicht nach vorne gelehnt oder in ihren Sitz gepresst saßen.
Der Trailer gibt meiner Meinung nach nicht unbedingt den richtigen Eindruck, eher einen zu überspitzten, aber er bewirkt auf jeden Fall, dass man überrascht ist, wenn man den Film sieht.



In punkto deutscher Bücher bin ich ja auch ausgelastet, denn meine Kollegin Else-Marthe Sörlie Lybekk, ehemalige National- und 5 Jahre HC-Leipzig-Spielerin, brachte mir einen ganzen Packen verschiedenster Exemplare mit. Jetzt muss ich aufpassen, dass ich meine Bibokarte auch benutze, um mir norwegische Bücher zu Gemüte zu führen.

Mir ist übrigens auch aufgefallen, dass auffallend viele Norweger "Yes!" sagen oder beim Klettern kommt auch mal "Climb on!". Als ich "Yes!" das erste Mal bei meiner Gastmutter Midori hörte, dachte ich ja, dass es eine Angewohnheit von ihr wäre, aber das sollte ein Irrtum sein. Vielmehr sei das eine Folge der Englischüberflutung im norwegischen Fernsehen, was ja immer in Originalsprache und nur mit Untertiteln sendet. Umso überraschter war ich, als im Varg-Veum-Film auch Untertitel zu lesen waren, auch wenn ein gutes und deutliches Norwegisch gesprochen wurde. Bei den dänischen Schauspielern erwiesen sie sich aber als ganz nützlich.


Anbei noch ein paar Impressionen von meiner Sonnntagstour auf einige der Inseln im Oslofjord: Lindöya (gefällt mir am besten mit ihrer Mischung aus Küstenwald und Häuschen), Nakholmen und Hovedöya.





Klosterruinen auf der Hovedöya