Montag, 28. Februar 2011

Wie Sie sehen, sehen Sie nichts...


Montag, und es heißt, wieder einmal etwas von mir hören zu lassen - damit der Februar auch noch zwei Einträge bekommt.

Welt- und Heimcup und eine etwas undurchsichtige WM

Der Weltcup in Drammen am 19. Februar war sehr schön: Kaiserwetter und viele nette Menschen. Leider musste ich aufgrund von Halsschmerzen auf eine kleine Skitour in der Weltcupstrecke verzwichten, aber es war dennoch ein sehr ereignisreicher Tag. Wir fuhren schon sehr früh nach Drammen los, um uns im Hotel, wo auch die meisten Athleten wohnten, unsere Akkreditierungen abzuholen, damit wir überall reinkonnten. Gleich im Eingangsbereich erkannte mich Curdin Perl, Schweizer Athlet und Freund einer norwegischen Läuferin, wieder, obwohl wir uns seit September nicht mehr gesehen hatten. Ein sehr lustiger und angenehmer Mensch! Danach folgte noch ein kleiner Plausch mit einem Skitechniker der Franzosen, der mich gleich in ein Gespräch verwickelte, nur weil ich ein beiläufiges "Bonjour" fallen ließ. Auf meiner Akkreditierung stand dann "Anders, Henrike - Special Guest" - oho! Per und ich sollten während des Sekundierens mit Torgeir Hansen, dem Physiotherapeut der Nationalmannschaft, zusammen stehen. Er spricht sehr gut Deutsch, weil er mit einer Deutschen verheiratet ist.
Der Weltcupführende Dario Cologna (SUI)
Lukáš Bauer (CZE)
Petter Nortug (NOR)
Auf dem Programm standen dann 10 und 15km im klassischen Stil und wir sollten uns vor der WM nochmal im Sekundieren üben - eine Art Generalprobe sozusagen, aber inwiefern daraus dann was wurde, dazu später mehr.


Bei den Damen, die zuerst liefen, gewann - oh Wunder - Marit Björgen (vor Justyna Kowalczyk aus Polen und Aino Kaisa Saarinen aus Finnland - genau dasselbe Ergebnis wie heute zur WM bei den 10km) und bei den Herren Daniel Rickardsson aus Schweden. Dario Cologna aus der Schweiz kam leider nicht ganz, wie von mir erhofft, aufs Treppchen.

Nachdem der Wettkampf beendet war und ich wieder ein Schwätzchen mit dem französischen Skitechniker geführt hatte, fuhren Per und ich den Spiraletunnel in Drammen hoch, den ich noch von unserem ersten Norwegenurlaub 2003 kenne - das war schön, auch wenn's draußen schon dunkel war. Wenn man den Tunnel hochfährt, hat man das Gefühl, dass es nie endet, aber runter zu geht es ganz fix.
Den Weltcup in Drammen (eigentlich Konnerud, das ist ein etwas höher gelegener Stadtteil) habe ich vor allem als sehr sprachenreich in Erinnerung: Deutsch mit Curdin, Französisch mit dem Skitechniker, Englisch mit dem Trainer der Briten und natürlich Norwegisch mit dem Rest der Truppe.

Am darauffolgenden Sonntag bekam ich dann endlich den heißersehnten Besuch aus der Heimat: meine Tante Uta, meinen Onkel Jörg samt den beiden Mädels. Ich habe sie vom Flughafen Gardermoen abgeholt und in ihrer Pension im Zentrum Oslos abgeliefert.
Am Montag hatte Per uns alle eingeladen, uns die Holmenkollenanlage anzuschauen, solange dort noch Ruhe herrschte. Mit dabei war auch Karianne, eine Studentin, die ein paar Wochen mit mir und Per arbeitet. Wir sind dann ein bisschen über die Loipen gehüpft und haben uns die Schanze angesehen. In den LKW der Skitechniker durften wir aufgrund fehlender Akkreditierungen nicht rein. Meine Güte - während der NM und auch des Weltcups hat sich kaum jemand dafür interessiert, ob man da so einen Zettel um den Hals baumeln hatte oder nicht und da waren sie plözlich so knauserig, obwohl sie sahen, dass wir alle Leute hinter der Absperrung kannten! Na ja, wir sind dann ins Skimuseum rein und gleich in den Fahrstuhl hoch oben auf die Schanze. Das war natürlich ein Erlebnis für Groß und Klein! Per hatte, wie befürchtet, seine Spendierlaune und den Besuch des Schanzenturms samt des Skimuseums bezahlt... Kein Kommentar. Nur mit Uta, Jörg und den Mädels bin ich dann durchs Skimuseum gewandelt. Danach hieß es Schlittenfahren auf dem berühmten Korketrekkeren (Korkenzieher), der sich zwar nicht als besonders steil, aber sehr huckelig erwies - meine Schienbeine und Gelenke taten mir noch drei Tage später davon weh! Es war auch ganz gut, dass die Mädels Helme aufhatten. Wir fuhren immer vom Frogneseteren (einer Alm über dem Holmenkollen und Jörgs Lieblingswort) runter zur Midtstubakken, der Normalschanze, auch gerade erst renoviert. Allerdings mussten wir unterwegs umsteigen, weil die Schlittenabfahrt in die WM-Loipe führte.
Dienstag hatte ich ein Gespräch mit Per und der Nationalagentur BUFDIR, um über unsere Erfahrungen in meinem Freiwilligenprojekt zu erzählen und uns optimaler auf den nächsten Freiwilligen vorzubereiten. Danach traf ich die Bader/Hebenstreit-Bande (die in der Zwischenzeit das Munchmuseum überfallen hatte) im Zentrum und wir schauten uns den Reptilienpark Oslo an. Klingt größer als es eigentlich war (war im Keller eines Altbaus versteckt), aber es war ganz interessant. Leider gibt es in Oslo nämlich keinen richtigen Tierpark oder Zoo. Zudem haben wir uns noch das Rathaus mit den oberen Räumen angesehen und sind danach ins berühmte "Albertine"-Restaurant, berühmt durch den Besuch mit meinen Ellis. Kellner "André"/Henrik war leider nicht da.
Am nächsten Tag pilgerten wir ins "FRAM"-Museum, welches erst seit ein paar Tagen wieder geöffnet hatte, aber die Renovierungsarbeiten waren dennoch weiterhin in vollem Gange. Wenigstens gibt es jetzt ein paar, wenn auch raumschiffartige, Toiletten im Museum... :) Die Kinder, von Jörg durch Nansens "Durch Nacht und Eis" bestens vorbereitet, waren hellauf begeistert und auch die Eltern ließen sich anstecken - es ist ja auch toll, ein so altes und geprüftes Schiff noch heute besichtigen zu können! Am Nachmittag fuhren wir zu mir hoch und unternahmen einen langen Spaziergang mit Gastvater Björn, Gastschwester Karianne und Hund Timo. Dabei trafen wir auch auf Randi, die die sogenannten "Seven Summits" (höchsten Berge aller Kontinente), bestiegen hatte. Sie wollte Sonnenuntergangsbilder von der Linderudkollen-Sprungschanze machen und wir kamen mit hoch. Randi reiste vor Jahren auch nach Tansania, um sich eine Massaimann zu angeln und ihn mit nach Norwegen zu schleppen, doch sie kam stattdessen mit einem Deutschen zurück... Und Timo, der noch unbedingt mit hoch auf die Schanze steigen wollte, traute sich nicht mehr herunter und musste von Björn getragen werden! Die Eröffnungszeremonie der WM verpassten wir knapp, d.h. ich konnte sie noch im Fernsehen fertig sehen und Utzels bekamen noch etwas von der Lichtervorführung auf dem Universitätsplatz mit.
An unserem letzten vollen Tag, dem Donnerstag, hatten wir keine richtigen Pläne gehabt. Zuerst hieß es, einen ordentlichen Thermosbecher für eine junge Jubilantin zu erstehen, die Uta beschenken wollte - ich war es übrigens nicht, obwohl ich dann doch auch mein Geburtstagsgeschenk im selben Laden schon gekauft und eingepackt bekam. Anschließend hatte Jörg die fabelhafte Idee, ins technische Museum zu fahren, obwohl es etwas außerhalb des Zentrums liegt. Es hätte ein bisschen mehr auf Englisch sein können, vor allem im theoretischen Teil mit den großen Infotafeln, aber der praktische Teil mit vielen verschiedenen Experimenten war es sehr schön und auch Jörg wurde noch einmal zum kleinen Jungen. Man konnte z.B. seine Hände auf ein Gerät legen und über den Puls, den das Gerät fühlte, wurde dann rote Flüssigkeit aus einem Plastikherz im entsprechenden Rhythmus gespritzt oder man sprach über zwei gegenüberliegende Satellitenschüsseln miteinander. Den Abend ließen wir dann bei Brot, Käse und etwas WM-Zusammenfassung im Fernsehen ausklingen. Mein Lieblingsläufer Öystein Pettersen hatte leider Pech gehabt und sich nicht für das Viertelfinale im Sprint qualifizieren können.
Freitag war der Tag der Abreise und ich habe alle noch zum Flughafen gebracht. Ich glaube allen hat es gut gefallen und mir auch, die Tage vergingen wie im Fluge! Friederike, der Kleinen, hat der Urlaub auf jeden Fall viel gebracht: den Plan ihres Lebens - Fasching als Kronprinzessin, Beruf Copilotin und bitte schön noch eine Schlosswache als Ehemann!
Ich bin auch seit langem nicht mehr so oft durch den Schlosspark gegangen wie in dieser Woche, aber dabei konnte man immer die schönen Eisskulpturen nach Motiven von Munch bewundern, die anlässlich der WM aufgestellt worden waren.

Am selben Freitag fuhr ich noch hoch zum Holmenkollen ins Holmenkollen Rica Park Hotel, wo unser Seminar für die TDs (Technischen Delegierten) stattfinden sollte.
Außerdem kamen die Eltern von Meret, der Schweizerin, die hier ein paar Wochen wohnt und vor zwei Jahren bei meiner Gastfamilie ein Jahr wohnte, sehr nett! So übe ich mich auch im Schwizerdütschverstehen! :)



Samstagmorgen traf man sich im Hotel Savoy im Zentrum, währen Per, Karianne und ich uns gleich oben auf dem Holmenkollen trafen, um uns das 15km Jagdstartrennen mit Skiwechsel anzuschauen (die TDs hatten für dieses Rennen alle Aufgaben bekommen und es wurde später über das Rennen diskutiert). Wir hörten es aber nur, denn der Nebel war so dick, dass wir nicht einmal die Großleinwand sehen konnten und nur den Stadionsprecher hörten. Der Weg zurück zur U-Bahn war auch nicht leicht zu finden, denn Nebel + Dunkelheit war in dem Fall gleich 3m Sichtweite - gruselig!
Der Sonntag zeigte sich da schon besser, als die Herren das entsprechende Rennen (nur eben 30km) hatten. Petter Northug gewann und zog näher an Marit Björgen im Medaillenrang heran, die schon zwei Goldmedaillen hatte. Ich zog etwas merkwürdige Blicke auf mich, als ich die Deutschen, die sich beachtlich schlugen, lautstark anfeuerte...mit "Norge" auf dem Jackenrücken.
Die deutschen Kombinierer erreichten mit den Plätzen 1, 2, 4 und 28 auch ein super Ergebnis an diesem Tag!


Anbei zwei Hör- (und Seh)beispiele, die erahnen lassen, warum sich viele Athleten danach Ohrstöpsel für die nächsten Rennen wünschten:

1)Stadioneinlauf und Skiwechsel:


2) Stadionauslauf beim Kapellskogen (Kapellwald):


Dabei muss ich noch etwas zum U-Bahn-Verkehr am Wochenende anmerken. Liebe Organisatoren der WM, es waren Winterferien, es war Wochenende - wie passt es da zusammen, die Express-U-Bahnen erst ab kurz vor 10 los zuschicken, wenn der erste Wettkampf 11 losgeht???!!! Mann, ich habe ganze zwei Stunden oder mehr benötigt, jeden Tag! Den Gipfel lieferte ja Frau Aasne Havnelid, Chefin der WM, als sie gefragt wurde, ob die Situationen an den Bahnsteigen nicht sehr gefährlich gewesen seien. Nein, sagte sie, aber es tue ihr leid, dass die Leute das so empfunden hatten. Bitte? Da könnte ich mich jetzt noch aufregen! Ich war eine von vielen, die sehr nah an der Kante standen und wenn man so viele Menschen sind, dass man sich kaum bewegen kann, die schupsen, hin und her schieben, usw. - das WAR gefährlich!!! Die U-Bahn-Schienen sind mit hoch elektrischen Kabeln ausgelegt!!!
Kleine Anekdote nebenbei: Einem Elch, der sich auf die Station Majorstuen am Samstag verirrt hatte, erging es schlimmer, er musste abgeschossen werden.

Und immer noch war nichts von den Trainern zu hören, kein Mucks und ich war schon am Freitag immer frustrierter geworden. Nicht zuletzt hatte ich es vielen Freunden und Verwandten stolz erzählt, dass ich vielleicht bei der WM Ersatzskistöcke halten oder womöglich sogar Sekundieren kann, aber dass das "vielleicht" so wackelig war, das hatte ich nicht gedacht. Per hatte seine Akkreditierung, ich nicht. Und dabei waren wir zum Üben extra nach Drammen geschickt worden. Erste Entspannung gab es, als Karianne und ich für das Wochenende eine  Tagesakkreditierung erhielten.
Dann gestern Abend, es war schon fast elf und ich im Bett, mit dem Gedanken, bei der WM nur zuzuschauen, wurde ich von Per angerufen, der Bescheid bekommen hatte, am Montag zu sekundieren!!! Hallo? Einfach mal mit dem Finger schnipsen, nachts um elf, und schwupps! sind wir da??? Mein Herren, ich habe mich natürlich gefreut, doch noch dabei sein zu können, aber auch wenn ihr viel um die Ohren habt, man kann das auch anders machen und wenigstens zu einer halbwegs christlichen oder menschenfreundlichen Zeit Bescheid geben, ja? Ja. Danke.

Heute war dann also der große Tag, ich fühlte mich gut, die U-Bahn lief nach dem Wochenendchaos weitgehend normal und los ging's. Per und ich sollten oben am Frogneseteren stehen und an alle lieben Verwandten und Freunde: Es war keine Kamera oder dergleichen in der Nähe, aber genug Volk. Es war sehr spannend, aber auch sehr einfach, da die Athletinnen nur eine Runde à 10km klassisch liefen. Ich habe dann ein paar der deutschen Läuferinnen mit übernommen, denn es war kein deutscher Trainer in der Nähe, Tor Arne Hetland (norwegischer Trainer der Schweizer) half auch mit. Und den finnischen Trainer konnte ich mit einem kurzen "Mitä kuuluu?" (Wie geht's?) erfreuen und bekam "Hyvä kuuluu" (Es geht gut) zur Antwort.

Morgen geht's dann weiter bei den 15km der Herren. Vielleicht schafft es Jens "Fips" Filbrich auch etwas weiter nach vorn, er war jedenfalls im klassischen Teil am Sonntag sehr gut.

Bis zum nächsten Mal (und bald zeig ich euch wirklich mein neues Heim),

euer Findus

Montag, 14. Februar 2011

HALBZEIT - und wieder eine Strumpfhose weniger

Von wegen lustige Reise... Nach einem Hurra! schon ein halbes Jahr Gefühl war mir zunächst schon zumute, aber das sollte dann schnell vergehen.
Am Mittwoch sind wir abends ins Flughafenhotel aufgebrochen und haben uns dort mit allen Athleten des Langlauf, Skispringens und der Nordischen Kombination sowie deren Leitern getroffen. Donnerstagmorgen ging es dann mit dem Bus los in Richtung Örnsköldsvik. Die Busfahrt hat um die 12 Stunden gedauert, aber es war überhaupt nicht langweilig, man hat ja lustige Reisegefährten und einen DVD Spieler im Bus, wobei ich den Film über das wahrlich nicht sehr schöne Leben von Matti Nykänen eher zwiespältig fand, vielleicht war er aber auch nur war, er handelte jedenfalls nur sehr wenig vom Skispringen, mehr vom Saufen. Im Zimmer war ich dann mit Lydia, einer Trainerin eines Sportgymnasiums. Freitag hieß für mich auch fast wortwörtlich frei Tag, denn die Arbeit begann für Per und mich erst zur Mittagszeit mit dem Jurytreffen, in der Per Mitglied war, und der Teambesprechung.
 So geht es in einer Wachsbude zu - Ohren zuhalten! :


Gemeinschaftswachsen: Björnar und Öyvind
 Doch es waren nicht nur Teams aus Norwegen, Schweden und Finnland (der Wettkampf hieß ja schließlich Nordischer Juniorenlandswettkampf), sondern auch aus den USA vertreten. Der Sprint im Langlauf sollte nicht vor dem späten Nachmittag beginnen, sodass Per und ich noch eine Runde in der 5km Strecke drehen konnten. Während des Sprints habe ich dann vornehmlich angefeuert und Ersatzskistöcke parat gehalten. Abends bewies ich dann einen guten Hunger, nur leider blieb das Essen nicht drin. Völlig unerwartet wachte ich nachts mit einem Gefühl von Übelkeit auf und musste brechen. Bis Samstagmittag dann insgesamt vier Mal, wobei sich jeder sicherlich denken kann, dass die letzten Male dann vornehmlich aus leckerer Magensäure bestanden - das macht Laune! Aber ich war froh, dass ich nachts nicht alleine war, sondern auch Lydia noch im Zimmer war und mir etwas beistand.
Das war's dann natürlich mit dem Nordisk Juniorlandskamp für mich. Dabei wollte ich so gern auch mal das Meer vor Örnsköldsvik sehen, naja, so musste ich mich mit der Aussicht aus dem Hotelzimmer begnügen und mich zum Essen und Trinken zwingen. Knäckebrot und Reiswaffeln sind ja auch nicht das Spannendste, aber mehr vertrug der ventriculus eben nicht. So lag ich den ganzen Samstag darnieder und am Sonntagmittag ging es dann mit dem Bus zurück nach Hause. Der einzige gehaltvolle Film des Tages war "Stalingrad", die anderen waren teilweise so ein Quatsch, dass sich mein Magen wieder daran erinnerte, dass ihm die Busfahrt nicht besonders gefiel. Diese war dann glücklicherweise eher als gedacht in Gardermoen beendet und so war ich "schon" um 1 zu Hause. Der Magen war damit auch nicht sehr glücklich, denn abgesehen von etwas Knäckebrot war er völlig leer und tat dementsprechend weh. Deshalb musste ich am nächsten Tag dann auch das Projekt NormalEssen in Angriff nehmen.

Ganz klar: Es nähert sich ein Elch von links!

Glücklicherweise ging es mir am vorigen Mittwoch dann schon wieder so gut, dass ich mittags in die Jugendherberge Haraldsheimen in Oslo zum Midtermseminar fahren konnte. Dort habe ich dann natürlich alle Freiwilligen vom Ankunftsseminar Selbu wieder getroffen, besonders gefreut habe ich mich auf Zsófi aus Ungarn und Annija, die ich, obwohl Annija in Oslo wohnt, lange nicht gesehen hatte. Außerdem waren noch viele andere Freiwillige von den beiden anderen Ankunftsseminaren Öystese und Mandal da. Insgesamt waren wir wohl an die 70 Freiwilligen. Nach der Begrüßung und dem Einchecken (ich war mit drei Selbu-Leuten auf dem Zimmer: Zsófi, Victoria und Sina) haben wir draußen ein paar Spiele gemacht, die dann bei Dämmerung im Inneren fortgesetzt wurden. Natürlich haben wir auch wieder unser Spiel der Spiele, "Ligretto", gespielt...
Mein Norwegenfreiwilligenweiblein


Sicherheitskontrolle im Stortinget
im alten Oberhaussal

der heutige Plenarsaal

Nach einer reichlich kurzen, zumindest nicht sehr schlafreichen Nacht, in der mein Adrenalinspiegel unter Beweis stellte, dass er noch bei Panik oder Hektik, wenn man nicht schlafen kann, funktioniert - war ich mit der Gruppe 2 (wir waren in zwei Gruppen aufgeteilt) in Oslo unterwegs. Glücklicherweise war ich recht wach, es wurde ein schöner Tag. Zuerst machten wir uns auf ins Stortinget, das ist das norwegische Parlament. Wir betraten es über den Eingang auf der Akersgata durch den modernen, etwas hässlichen Teil, aber der alte Teil ist sowohl äußerlich als auch innerlich sehr schön. Früher gab es im Stortinget wie in Großbritannien ein Ober- und Unterhaus. Das gibt es aber seit ein paar Jahren nicht mehr, deshalb ist der Saal des Oberhauses jetzt eine Art Festlichkeitssal, wenn Gesetze abgeschlossen werden und der König zugegen ist. Der Saal des Unterhauses ist zum Plenarsaal geworden, in dem alle möglichen politischen Dinge behandelt werden. Wir durften kurz in eine Sitzung rein, an der aber - wie im deutschen Bundestag - nur sehr wenige teilnahmen. Vielleicht auch verständlich, wenn sich das Thema um Zahnfüllungen dreht... Anschließend waren wir noch in einem Parteiraum, recht spartanisch eingerichtet. Danach ging's ins rote Rathaus, ein sehr hässlicher Kasten, aber wenn man sich nicht nur die Einganshalle, sondern auch die oberen Räume anschaut, wird er gleich schöner, es gibt z.B. auch einen Trausaal mit einem Originalgemälde von Munch. Außerdem viele moderne Malereien, in dem ein Thema immer wieder vorkommt, und das ist natürlich die Besatzung Norwegens durch die Deutschen. Lunch gab es bei Peppe's Pizza, es hieß "All you can eat", ich nahm mir das sehr zu Herzen und aß etwa fünf bis sechs Stück Pizza, Schinken, Salami und vegetarisch. Sehr lecker! Und das beste war - ich war satt, mir war nicht schlecht und alles blieb drin!
Eines von vielen deutschen Details im Rathaus

Stabkirche von Gol


Weiter ging's ins Norwegische Volksmuseum - ein absolutes Muss für jeden Oslo- bzw. Norwegenbesuch! Dort steht z.B. die Originalstabkirche aus Gol im Hallingdal (in Gol steht jetzt eine Kopie) und ich sage euch, drin ist es zappenduster, keine Fenster! An unseren Besuch in der Stabkirche in Heddal vor fast acht Jahren kann ich mich nicht mehr so genau entsinnen, aber da wird es wohl ähnlich gewesen sein. Außerdem gab es noch alte Bauernhäuser mit und ohne Fenster zu sehen sowie eine norwegische Sauna aus dem 16. Jahrhundert. Mathew aus Wales und ich fanden unterwegs heraus, dass wir beide ein eine keltische Sprache können, ich zumindest ein wenig. Mathew ist mit Walisisch als Muttersprache aufgewachsen, Englisch hat er im Kindergarten und aus TV und Zeitung gelernt. Drum hieß es dann "Penaos emañ kont?" auf gut Bretonisch. - Wer herausfindet, was das auf Deutsch heißt, bekommt ein Stück Rocher... :)
Danach hatten wir vier Stunden Freizeit (Gruppe 1 sollte am nächsten Tag nur zwei Stunden haben), in der ich von Anna aus Polen und Zsófi hauptsächlich in sämtliche Schuhgeschäfte Oslos geschleppt wurde, man merkte, dass die beiden in Narvik bzw. Mandal wohnen, wo es nicht gerade sooo viel gibt. Und ihr wisst ja, dass Schuhekaufen bzw. -anprobieren mein absolutes Nichtspezialgebiet ist! Apropos Schuhe, an dem Tag hatte es in Oslo sehr viel geschneit, aber der Schnee verwandelte sich allmählich in Schneeregen und auf den Straßen und Fußwegen schwamm der Matsch, sodass sämtliche Imprägnierung umsonst war. Zugegeben, das war schon ein paar Wochen her für meine Stiefel, dass sie imprägniert wurden, aber so schlimm hätte ich es nicht erwartet, denn meine Füße schwammen dann in den Stiefeln, wie bei vielen anderen auch. Abends trafen sich dann alle zum Abendessen im noblen Restaurant Südöst, so nobel, dass bei den recht handlichen Portionen viele nicht satt wurden, aber für mich hatte es nach dem reichlichen Lunch gereicht.

Aufwärmspiele: Ganz klar, hier wird ein Toaster dargestellt!
Kritischer Blick von Carlos "Reinhold Messner" Bayo
Nach einer gut geschlafenen Nacht war für uns in der Gruppe 2 der Innentag angesagt. Wir haben z.B. mit der Forum Theater Methode Probleme von Freiwilligen dargestellt und dann alle gemeinsam versucht zu lösen. Weiterhin wurde über den YouthPass gesprochen, den man am Ende jedes Freiwilligendienstes ausgehändigt bekommt. Es waren auch noch Mitarbeiter der Nationalagentur BUFDIR zugegen, mit denen man über Probleme im Projekt reden konnte.  Ich hatte keinen Redebedarf, denn bei mir ist seit dem Umzug ja alles in Ordnung. Deshalb zog es mich am Freitagabend dann auch wieder nach Hause zum Solemskogen.

Das Wochenende verbrachte ich nicht in Beitostölen beim Norges Cup, sondern mit meiner Gastmutter Marit, Gastschwester Karianne und Meret (eine Schweizerin, die ein Jahr bei meiner jetzigen Gastfamilie verbracht hatte und jetzt als Freiwillige für ein paar Wochen bei der WM mitarbeitet) bei Hamar bei Marits Mutter, 78 Jahre alt. Ihr ging es nicht so gut, weshalb Karianne schon am Freitag gefahren war. Als wir dann aber da waren, erschien mir Kari (die Großmutter) aber schon wieder recht fit, das ließ zumindest ihr Redefluss erahnen: Ohne Punkt und Komma inklusive ständigem Themenwechsel, aber dennoch ist sie eine sehr nette Dame. Samstagabend fand im norwegischen Fernsehen der Entscheid zum Grand Prix statt, wer Norwegen dabei vertreten sollte. Alle Beiträge waren nicht die Wucht (wenn man sich das schon überhaupt anschaut...), aber der wirklich unmusikalischste, um nicht zu sagen, schlechteste hat dann gewonnen. "Haba haba" heißt er, ab er der Punkt war ja, dass das Lied mehr gesprochen als gesungen und dann noch mit einem sehr einfallslosen Text ausgestattet war.
Am Sonntag habe ich etwas gemacht, was ich schon sehr lange nicht mehr gemacht habe, nämlich bis um 12 geschlafen... War vielleicht etwas zu lang, meinen leichten Kopfschmerzen nach zu urteilen. Obwohl es mehr als 20 Grad minus waren, bin ich dann mit Marit raus zu einem Spaziergang mit traumhaften Sonnenschein. Außerdem durfte ich mit dem Hundeschlitten fahren, der in Hamar auf den oft ungestreuten Straßen als beliebtes Fortbewegunsgmittel genutzt wird. Das hat Spaß gemacht! Aber man merkt auch schnell seine Grenzen, wenn die kalte Luft in den Lungen weh tut.

Heute beginne ich meine erste komplette Bürowoche seit langem. Eigentlich sollte ich auch nur bis Mittwoch arbeiten und am Donnerstag nach Trondheim zum Hovedlandsrennet (Hauptlandsrennen) fliegen, bei dem Junioren im Alter von 14-16 Jahren ihre Geschicklichkeit auf Langlaufskiern unter Beweis stellen müssen. Per sagte mir aber, dass wir von Vidar Löfshus (dem sportlichen Leiter des Herrennationalteams) zum Weltcup nach Drammen abgeordert wurden. Dort sollen wir am Samstag die Distanserennen sekundieren. Beim Sprint am Sonntag wird dies dagegen nicht benötigt.

Bis bald mit neuen Neuigkeiten,
euer Findus (mein neuester Spitzname nach einem meiner zahlreichen Sponsoren auf der Daunenjacke)

Kay (urspr. aus Altenburg), ich und Sophie aus Kärnten