Samstag, 16. Mai 2015

Henni for goal - Was sonst noch geschah

Nun habe ich ja hauptsächlich über meine Wochenendabenteuer berichtet, aber es gibt natürlich auch noch viel aus der Woche zu berichten:


Vor gut einem Monat erhielt ich erstmals Trinkgeld nach einer Auktionsführung! Die Osterferien hatten in der Bretagne begonnen und entsprechend viele Leute waren zugegen. Ich führte auch erstmals durch die Kulissen der Versteigerung, eine Art erweiterte Auktionsführung nur ohne Verkauf. Man sieht also die ganzen Räume der Versteigerung, man kann direkt in den kleinen Auktionsraum der Küstenversteigerung reingehen (geht nachmittags nicht, weil dann dort gearbeitet wird), man sieht die Fischabfälle und kann auf das Verladekai, sowie in den Raum der Kistenwaschmaschine. Im Detail werde ich das später noch mal erklären. Der Laden füllte sich mit immer neuen Sachen und irgendwie schafften wir es auch, das ganze Gerassel unterzubringen, umräumen, Etiketten kleben, letztens musste auch Staub gewischt werden, etc. So langsam näherte sich auch die Langustinensaison (Mai/Juni), sodass ich auch Mitte April Langustinen zu einem ganz passablen Preis erstehen konnte. Die Verkäufer sind meistens so nett und kochen die Langustinen schon vor Ort, wenn man das wünscht. Außerdem hatte ich auf Arbeit auch mal wieder ein Geschmacksatelier, aber nur für 3 Kinder, was ein bisschen sinnlos war, da die Kinder zu so wenigen selten aus sich rauskommen und dann redet man die ganze Zeit selber.

Ein alltägliches Bild: Abladen des Fangs
Weniger alltäglich der Anblick eines Rettungsschiffes der SNSM (Société Nationale de Sauvetage en Mer, Seenotrettung), im Gespräch mit den Seerettern: Charmeur Serge
In der Woche drauf begannen auch die Ferien der Pariser, aber ich unterließ es, meine neuesten Erkenntnisse aus meinem kleinen Büchlein "100% Bretonisch mit Karamell und gesalzener Butter" anzuwenden, d.h. spezielle bretonische Ausdrücke oder einen der Tipps, wie man sich über Pariser lustig machen kann. Wer im Glashaus sitzt,... Andererseits werden mir schon typische Bigoudeneigenschaften zugeschrieben, wie z.B. bei der Langustine noch den Kopf auszuzutschen oder unter den Schinken noch Butter aufs Baguette zu schmieren... Inzwischen war auch mein Praktikumsvertrag per Mail bei mir eingetroffen und konnte unterschrieben per Post nach Dresden zurückgeschickt werden, es lebe die deutsche Bürokratie. Im obligatorischen Sprachtest für Erasmus+ (Stipendienprogramm) bestand ich meinen Sprachtest mit C1 (C2 ist dann die höchste Stufe, also quasi Muttersprachlerniveau)! Und für meine Tour nach Tours zu Pattl entschied ich mich schlussendlich für Zug hin und Mitfahrgelegenheit zurück, so lernte ich beide Reisemöglichkeiten kennen.

In der letzten Aprilwoche gab es auf Arbeit wieder etwas Trinkgeld und meine Kollegin Rachel veranstaltete eine Soirée (gehoben würde man sagen: Abendgesellschaft) bzw. kleinen Umtrunk bei sich zu Hause, wo ich auch Katze Lilli kennenlernte, die zuweilen wie ein Hund Sachen apportiert. Zu diesem Anlass passierte mir auch ein kleines Malheur, welches der Witz des Abends wurde. Jeder sollte zu der Soirée etwas mitbringen, ich wurde mit "melon" beauftragt, einer Melone also. Zielsicher griff ich im Carrefour von Le Guilvinec zur Wassermelone, schluckte zwar ganz schön, als sie 12€ an der Kasse kam, aber dachte in meiner Verwirrtheit, dass eine halbe niemals für alle reicht und dass die anderen ja auch so viel ausgeben würden und nahm sie schlussendlich mit. Die anderen wunderten sich schon, warum die Melone so viel kostete und meinten, es wäre wohl noch nicht die Saison dafür. Bei Rachel sollte sich zeigen, warum... Ich kam als erste bei ihr zu Hause an, stellte mein Zeug ab und reichte ihr den Beutel mit der Melone mit den Worten "Tiens, le melon." (Hier, die Melone. - wie ich meinte). Rachels Augen wurden immer größer und sie rief "Mais non, c'est pas un melon, c'est une pastèque!" Wie, keine Melone? Nein! Denn "melon" ist das französische Wort für HONIGMELONE, das, was ich mitgebracht hatte, war eine "pastèque", eine WASSERMELONE !! Oje, ich hätte vor Scham im Boden versinken können, aber am Ende haben wir alle gelacht, auch wenn's ein teurer Witz war. Unnötig zu erwähnen, dass "pastèque" und "melon" mittlerweile zum geflügelten Wort geworden sind.
Ob Rachels strenger Blick bei Katze Lilli wirklich hilft?
Am 30.5. hatte ich dann einen "visite blanche", also eine Probeführung durch die Ausstellung für meine Führung am Nachmittag und meine Chefin Anna meinte, das sei die beste Führung gewesen, die sie je bei einer Praktikantin gesehen habe und sie habe nichts hinzuzufügen!

Die erste Maiwoche zeigte sich in der Mitte stürmisch, sogar Philippe parkte sein Auto nicht direkt an der Kaimauer, sondern etwas weiter weg (wie ich es immer mache) und das will schon was heißen. Marilyn, die seit wenigen Wochen als neue Praktikantin hinzugekommen war, musste ihr Auto umparken, weil die Wellen mit großer Wucht gegen die Kaimauer krachten und darüber schwappten. Der Wind blies ebenfalls sehr heftig, zusammen mit dem Seegang führte das dazu, dass die Boote am 5. und 6. Mai nicht rausfahren konnten. Die Hochseetrawler sind für solche Wetterlagen ausgerüstet, aber nicht die kleinen Küstenschiffe, die nachmittags ihren Fang, hautpsächlich Langustinen, versteigern, wenn wir die Führungen machen. Keine Boote, keine Auktion. Geduldig musste den Gästen erklärt werden, dass es keine Auktion gab, weil die Boote nicht rausgefahren waren. 
Ein netter Herr aus dem Saarland war hocherfreut, in Frankreich jemanden zu treffen, der des Deutschen mächtig war und fragte mich, wo in Deutschland ich denn schon gewesen sei. Ich antwortete ganz normal auf seine Fragen, aber sagte nichts, dass ich Deutsche bin, entweder er fragt mich danach oder nicht. Am selben Tag musste ich wegen des Sturms noch eine deutsche Dame anrufen, die am nächsten Tag auf einem Boot mitfahren wollte und deren Einschiffung wir wegen des Wetters annullieren mussten. Auch sie war voll des Lobes: "Sie sprechen aber gut Deutsch!" Das war schon ein bisschen lustig, denn meistens wird es sofort bemerkt oder die Leute fragen nach, ob ich nicht doch Muttersprachler sei, sonst bekämen sie ein ganz schlechtes Gewissen, dass eine Französin so gut Deutsch spricht. :-)

Sturmvideo (oben selbstgedreht und unten ein richtiges Unwetter)


In dieser Woche ging es gleich mit einem neuen Trinkgeldrekord weiter. Die geplante Soirée bei Marilyn fiel leider aus, weil sie am Mittwoch krank wurde. Gott sei Dank habe ich in meinem Auto immer eine Isomatte und Schlafsack dabei, das kam ihr sehr zugute, sich im Büro hinzulegen und zu schlafen, bis sie mit Marine im Auto nach Hause fahren konnte. Abends tauschte ich mich sehr nett mit einem französisch-amerikanischen Pärchen aus, er mit amerikanischem Vater aus Portland, Oregon, und französischer Mutter bretonischer Abstammung, sie aus Florida. Er zeigte ihr seine Heimat und war vor allem auf der Jagd nach dem besten Cidre, den er bei sich in den USA selbst braut. Ich hab Simon meine Mailadresse gegeben, wenn er mal in der Gegend ist. Und endlich kam auch Mamas und Papas Postkarte aus Μετεορα an, über die ich mich sehr gefreut habe.
Himmelfahrt wirbelte ich erst ein bisschen im Haushalt, ich stimme mit meiner Vermieterin Elisabeth überein, dass ein paar Regeln bezüglich des Haushalts wohl nicht ganz falsch wären, WG-Erfahrung... Dann besuchte ich Marine und Manon auf Arbeit zum Mittagessen, da sie Dienst schieben mussten. Dann wollte ich eigentlich zu einer Führung durch die Porzellanmanufaktur in Quimper, aber die war ausnahmsweise geschlossen, das muss also warten. Über meinen Alternativausflug nach Trévarez berichte ich später.
Der Abend wurde bei Fanny beschlossen, die mich eingeladen hatte, wenn ich schon mal in Trévarez wäre, vorbei zu schauen. Ich aß mit ihrer Familie zu Abend, es gab kleine Jakobsmuscheln in großer Jakobsmuschelschale, dann steckten wir noch die Pferdeweide um und schauten etwas fern.

Gestern war es dann schon etwas besonders. Im Back-Office (also im Büro) kam ich vormittags ganz gut mit meiner Arbeit voran, danach hatte ich am Nachmittag eine Gruppe von Rotariern, die ich durch die Ausstellungen führte. Zeitweise musste ich zwar einige ermahnen, mir auch noch etwas Lautstärke übrig zu lassen, das tat ich natürlich mit einer Prise Humor, aber es war eine gute Truppe. Anschließend ging's noch in die Fischauktion, danach steckte mir eine Frau schon etwas zu, da war ich erst mal baff. Beinah vergessen hatte ich die Langustinenverkostung, geschickt verpackt als Überraschung für die, die sich schon von mir verabschiedet hatten. Alles war vorher von mir und der ganz neuen Praktikantin Florine vorbereitet worden. Beim Rausgehen bedankten sich alle noch einmal für den Nachmittag, machten mir Komplimente für mein Französisch und der Chef der Gruppe, der ein Haus in Audierne hat, gab ebenfalls was dazu, ein paar andere noch ein paar Münzen, sodass ich auf einen stolzen Betrag kam! Als die Gruppe aus dem Saal raus war, nahm ich mir den Rat eines Mannes zu Herzen, für meine raue Stimme ein Glas Muscadet zu trinken, das noch übrig geblieben war. Auf den Nachmittag musste erst mal ein Schluck genommen werden!
Aber es ging ja noch weiter: Mit Fanny und Manon schloss ich das Fischereizentrum ab, es war schon halb 8 und ich wollte noch zum Rugbytraining, das offiziell schon vor einer halben Stunde begonnen hatte. 
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Ich war in der Woche davor zum ersten Mal dagewesen, mit mächtig Bammel, es war zwar ganz gut gewesen, aber ich war mir nicht wirklich sicher, ob ich es weitermachen sollte. Ich wollte mir zumindest einen Monat einräumen, um es zu testen. Nach krankheitsbedingter Pause war ich am Dienstag wieder angetreten, da war es schon ziemlich gut gewesen. Zuerst werden Pässe geübt, dann etwas Gymnastik und schließlich Spielpraxis. Das mit den Pässen ist so eine Sache, man muss dan Ball ja immer nach hinten spielen und das Werfen ist nicht so einfach. Wenn ihr euch noch erinnert, es war Pattls Freundin Blandine, die uns zu der Rugbyfete im April eingeladen hatte, wo ich Patrick, den Trainer der Frauenmannschaft, traf und eingeladen wurde. Jetzt wird hauptsächlich Touch-Rugby gespielt, mit weniger Verletzungsrisiko, da man den anderen nur mit zwei Händen berühren muss, um ihn zu stoppen. Gestern kam ich also mit gehöriger Verspätung als geplant, aber wir waren nicht viele und übten, den Ball ordentlich zu kicken, auch über die Torstange, aber na ja, da stellte ich mich etwas ungeschickt an, normal am Anfang. Bei meinem Versuch, die elegante Beinbewegung meiner Mitspielerin Juliette nachzumachen, zitiere ich Rolf Herricht: "Ein Rollschuhläufer, der lief froh, die Straße lang ohn Rast und Roh, am Mittwoch hört er einen Marsch und bumms! da lag er auf dem..." Das war sehr lustig. Danach konnten wir drei Mädels und Patrick mit der Männeramateurmannschaft spielen, ich war mit Patrick in ein Team gekommen, sodass ich die einzige Frau war. Die anderen waren aber ganz lieb mit mir, einer meinte, er müsste Englisch mit mir reden, ich antwortete immer Französisch. Patrick nach zu urteilen habe ich mich gar nicht so schlecht angestellt, er meinte, ich habe mich zurechtgefunden. Ich versuchte, Anspielpartner zu sein, den Ball möglichst nicht auf den Boden fallen zu lassen, auf Angriff zu gehen, wenn ich den Ball hatte und Gegenspieler mit Ball durch Berühren zu stoppen. Einmal habe ich sogar direkt ein Tor vorbereitet! Ich hatte den Ball, spielte ihn aber noch vor dem Berühren durch einen Gegenspieler ab, und mein Mitspieler konnte direkt zum Tor durchmarschieren, damit hatten die anderen nicht gerechnet. Da bin ich schon ein bisschen stolz drauf. Wir spielten bestimmt noch bis halb 10, danach gab es einen kleinen Umtrunk im Klubhäuschen und etwas zu essen. Von der großen Rugbyfete im April war von Sponsoren noch etliches übrig geblieben, sodass ich mit mehreren Bechern gezuckerten Naturjoghurts, einem Stück gesalzener Butter, Keksen, einem Apfel und Kakaotrinkpacks nach Hause fuhr. Patrick ließ es sich auch nicht nehmen, mir noch eine Cola auszugeben. Er meinte, Rugby ist für jeden etwas, für Große, Kleine, Dicke, Dünne, Junge und Alte. Da hat er wohl nicht ganz unrecht. Die Kleinen können unter den Großen durchschlüpfen und die Großen können den Ball über den Köpfen der Kleinen davontragen.
Das war jedenfalls ein Wahnsinnstag gestern. Mal sehen, was heute noch wird. Ein bisschen einkaufen, vielleicht zu einem kleinen Festival abends und etwas Kultur am Nachmittag.

Bis zum nächsten mal oder wie der Bretone sagen würde: Ken ar wech-all!
Eure Henni

Hafenimpressionen Le Guilvinec



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