Montag, 4. Mai 2015

Fischen zu Fuß

Volksfischen bei Koeffizient 109
Am 19. April hatte Fannys Vater Geburtstag und ich wurde dazu eingeladen. Pünktlich um 10 kam ich bei Fanny an und nach einer Begrüßung durch die Hunde Alex und Breizh ging's gleich los zum Muschelsammeln im Watt, oder einfacher gesagt auf französisch "Pêche à pied" (wortwörtlich: Fischen zu Fuß). Vorher markierten wir auf unseren Fingern noch die nötige Mindestgröße unserer Beute: 3cm für die Herzmuschel (französisch "coque") und 4cm für die Venus- oder Teppichmuschel ("palourde"). Unterschreitet man diese Mindestgröße oder sammelt man zu viel, drohen bei einer Kontrolle (und die kann durchaus vorkommen) empfindliche Geldstrafen. Jedes Jahr wird für jede Art eine Mindestgröße und Höchstanzahl vom Forschungsinstitut IFREMER festgelegt und die sollte man besser respektieren. An diesem Tag war es zwar kein "marée du siècle" (Jahrhundergezeiten), aber der Koeffizient lag bei 113, zum Vergleich: Ende März lag er beim marée du siècle bei 119. Das bedeutet, dass sich das Meer sehr weit zurückzieht, aber mit großer Wucht auch wieder zurückkommt. Dementsprechend waren an diesem Tag bei diesem Kaiserwetter viele, viele Leute am Strand von Kerleven. Bewaffnet mit Eimer und Harke legten wir los. Am Anfang fanden wir mäßig viele Herzmuscheln, die meisten waren viel zu klein oder leer. Sowohl Herz-, als auch Venusmuschel leben nur wenige Zentimeter unter der Sandoberfläche. Manchmal kam einem eine Wasserfontäne entgegen, sodass ich dachte, jetzt kann ich endlich eine Scheidenmuschel fangen! Beim ersten Mal war es aber eine andere Muschel mit einem unaussprechlichen bretonischen Namen, die ich mit etwas angeknackster Muschel zwar rausbekam, die aber selten verspeist wird und an diesem Tag zum Hühnerfutter wurde.
die Spritzmuschel mit dem unaussprechlichen bretonischen Namen

Seestern
Beim zweiten Mal entkam mir die Muschel leider und ich denke, dass es diesmal wirklich eine Scheidenmuschel war, da sie durch ihre längliche Form schneller im Sand verschwinden kann. Die Scheiden- oder Messermuschel fängt man sonst, indem man Salz über das für sie sehr charakteristische Loch streut, sodass die Muschel glaubt, dass Meer komme zurück. Man muss nur wirklich sehr schnell sein, bevor die Muschel die Täuschung bemerkt, wie ich wiederum merkte. Nach einer Weile schlug ich vor, etwas näher ans Wasser zu gehen. Eigentlich nur so, aber wir fanden dort tatsächlich mehr Muscheln, aber das lag nicht an der Wassernähe, sondern daran, dass dort zwar schon Leute waren, aber nur auf Venusmuschelsuche, sodass wir die Herzmuscheln fast nur einzusammeln brauchten! Also keine schlechte Idee.


Mittags gab es leckeren gebratenen Speck (aber nicht so babbsch, sondern knackig) mit Kartoffeln, die irgendwie besonders gemacht waren (sehr lecker!), Salat und Würstchen. Fannys Bruder brachte zur Feier des Tages noch Kuchen vom Bäcker mit. Ich hatte Fannys Vater ein paar sächsische Köstlichkeiten von Dr. Quendt geschenkt, auf die sich die gesamte Familie stürzte, obwohl es zum Großteil Weihnachtsgebäck war. Nachmittags machten wir einen Spaziergang am Strand von Kersidan, von dem wir bei unserem letzten Bretagneaufenthalt vor zwei Jahren nicht weit entfernt wohnen. Die Fahrt dahin an der Pointe de Trévignon vorbei mit dem Schloss und die vertrauten Strände war sehr schön. Mit Alex spielten wir Stöckchen am Strand, während Jagdhund Breizh leider an der Leine bleiben musste, da er sonst in null komma nix die Jagd auf jeden Vogel aufgenommen hätte.


Alex in seinem Element!

Abends steckten wir nach dem Essen noch die Pferdeweide etwas um, damit die Tiere einen neuen Abschnitt bearbeiten konnten. Die Muscheln haben sehr lecker geschmeckt, aber ich bevorzuge die Herz- vor den Venusmuscheln. Fannys Mutter und ich waren die einzigen, die sich über den Fang hermachten, die anderen sammeln lieber, als dass sie ihre Trophäen dann auch essen.
Alex und...


...Breizh sind geschafft für heute.

Ich habe diesen Tag sehr genossen und mich auch danach noch mehrmals bei Fanny und ihrer Familie für den schönen Tag bedankt. Am nächsten Tag hatte ich übrigens Muskelkater, man kann ja nur hocken oder breitbeinig gebückt stehen (damit der Rock nicht nass wird), aber ich hätte nicht gedacht, dass es für einen derartigen Muskelkater reicht. Wenn dann schon eher in den Armen, vom vielen Spielen mit Alex.

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