Montag, 14. Februar 2011

HALBZEIT - und wieder eine Strumpfhose weniger

Von wegen lustige Reise... Nach einem Hurra! schon ein halbes Jahr Gefühl war mir zunächst schon zumute, aber das sollte dann schnell vergehen.
Am Mittwoch sind wir abends ins Flughafenhotel aufgebrochen und haben uns dort mit allen Athleten des Langlauf, Skispringens und der Nordischen Kombination sowie deren Leitern getroffen. Donnerstagmorgen ging es dann mit dem Bus los in Richtung Örnsköldsvik. Die Busfahrt hat um die 12 Stunden gedauert, aber es war überhaupt nicht langweilig, man hat ja lustige Reisegefährten und einen DVD Spieler im Bus, wobei ich den Film über das wahrlich nicht sehr schöne Leben von Matti Nykänen eher zwiespältig fand, vielleicht war er aber auch nur war, er handelte jedenfalls nur sehr wenig vom Skispringen, mehr vom Saufen. Im Zimmer war ich dann mit Lydia, einer Trainerin eines Sportgymnasiums. Freitag hieß für mich auch fast wortwörtlich frei Tag, denn die Arbeit begann für Per und mich erst zur Mittagszeit mit dem Jurytreffen, in der Per Mitglied war, und der Teambesprechung.
 So geht es in einer Wachsbude zu - Ohren zuhalten! :


Gemeinschaftswachsen: Björnar und Öyvind
 Doch es waren nicht nur Teams aus Norwegen, Schweden und Finnland (der Wettkampf hieß ja schließlich Nordischer Juniorenlandswettkampf), sondern auch aus den USA vertreten. Der Sprint im Langlauf sollte nicht vor dem späten Nachmittag beginnen, sodass Per und ich noch eine Runde in der 5km Strecke drehen konnten. Während des Sprints habe ich dann vornehmlich angefeuert und Ersatzskistöcke parat gehalten. Abends bewies ich dann einen guten Hunger, nur leider blieb das Essen nicht drin. Völlig unerwartet wachte ich nachts mit einem Gefühl von Übelkeit auf und musste brechen. Bis Samstagmittag dann insgesamt vier Mal, wobei sich jeder sicherlich denken kann, dass die letzten Male dann vornehmlich aus leckerer Magensäure bestanden - das macht Laune! Aber ich war froh, dass ich nachts nicht alleine war, sondern auch Lydia noch im Zimmer war und mir etwas beistand.
Das war's dann natürlich mit dem Nordisk Juniorlandskamp für mich. Dabei wollte ich so gern auch mal das Meer vor Örnsköldsvik sehen, naja, so musste ich mich mit der Aussicht aus dem Hotelzimmer begnügen und mich zum Essen und Trinken zwingen. Knäckebrot und Reiswaffeln sind ja auch nicht das Spannendste, aber mehr vertrug der ventriculus eben nicht. So lag ich den ganzen Samstag darnieder und am Sonntagmittag ging es dann mit dem Bus zurück nach Hause. Der einzige gehaltvolle Film des Tages war "Stalingrad", die anderen waren teilweise so ein Quatsch, dass sich mein Magen wieder daran erinnerte, dass ihm die Busfahrt nicht besonders gefiel. Diese war dann glücklicherweise eher als gedacht in Gardermoen beendet und so war ich "schon" um 1 zu Hause. Der Magen war damit auch nicht sehr glücklich, denn abgesehen von etwas Knäckebrot war er völlig leer und tat dementsprechend weh. Deshalb musste ich am nächsten Tag dann auch das Projekt NormalEssen in Angriff nehmen.

Ganz klar: Es nähert sich ein Elch von links!

Glücklicherweise ging es mir am vorigen Mittwoch dann schon wieder so gut, dass ich mittags in die Jugendherberge Haraldsheimen in Oslo zum Midtermseminar fahren konnte. Dort habe ich dann natürlich alle Freiwilligen vom Ankunftsseminar Selbu wieder getroffen, besonders gefreut habe ich mich auf Zsófi aus Ungarn und Annija, die ich, obwohl Annija in Oslo wohnt, lange nicht gesehen hatte. Außerdem waren noch viele andere Freiwillige von den beiden anderen Ankunftsseminaren Öystese und Mandal da. Insgesamt waren wir wohl an die 70 Freiwilligen. Nach der Begrüßung und dem Einchecken (ich war mit drei Selbu-Leuten auf dem Zimmer: Zsófi, Victoria und Sina) haben wir draußen ein paar Spiele gemacht, die dann bei Dämmerung im Inneren fortgesetzt wurden. Natürlich haben wir auch wieder unser Spiel der Spiele, "Ligretto", gespielt...
Mein Norwegenfreiwilligenweiblein


Sicherheitskontrolle im Stortinget
im alten Oberhaussal

der heutige Plenarsaal

Nach einer reichlich kurzen, zumindest nicht sehr schlafreichen Nacht, in der mein Adrenalinspiegel unter Beweis stellte, dass er noch bei Panik oder Hektik, wenn man nicht schlafen kann, funktioniert - war ich mit der Gruppe 2 (wir waren in zwei Gruppen aufgeteilt) in Oslo unterwegs. Glücklicherweise war ich recht wach, es wurde ein schöner Tag. Zuerst machten wir uns auf ins Stortinget, das ist das norwegische Parlament. Wir betraten es über den Eingang auf der Akersgata durch den modernen, etwas hässlichen Teil, aber der alte Teil ist sowohl äußerlich als auch innerlich sehr schön. Früher gab es im Stortinget wie in Großbritannien ein Ober- und Unterhaus. Das gibt es aber seit ein paar Jahren nicht mehr, deshalb ist der Saal des Oberhauses jetzt eine Art Festlichkeitssal, wenn Gesetze abgeschlossen werden und der König zugegen ist. Der Saal des Unterhauses ist zum Plenarsaal geworden, in dem alle möglichen politischen Dinge behandelt werden. Wir durften kurz in eine Sitzung rein, an der aber - wie im deutschen Bundestag - nur sehr wenige teilnahmen. Vielleicht auch verständlich, wenn sich das Thema um Zahnfüllungen dreht... Anschließend waren wir noch in einem Parteiraum, recht spartanisch eingerichtet. Danach ging's ins rote Rathaus, ein sehr hässlicher Kasten, aber wenn man sich nicht nur die Einganshalle, sondern auch die oberen Räume anschaut, wird er gleich schöner, es gibt z.B. auch einen Trausaal mit einem Originalgemälde von Munch. Außerdem viele moderne Malereien, in dem ein Thema immer wieder vorkommt, und das ist natürlich die Besatzung Norwegens durch die Deutschen. Lunch gab es bei Peppe's Pizza, es hieß "All you can eat", ich nahm mir das sehr zu Herzen und aß etwa fünf bis sechs Stück Pizza, Schinken, Salami und vegetarisch. Sehr lecker! Und das beste war - ich war satt, mir war nicht schlecht und alles blieb drin!
Eines von vielen deutschen Details im Rathaus

Stabkirche von Gol


Weiter ging's ins Norwegische Volksmuseum - ein absolutes Muss für jeden Oslo- bzw. Norwegenbesuch! Dort steht z.B. die Originalstabkirche aus Gol im Hallingdal (in Gol steht jetzt eine Kopie) und ich sage euch, drin ist es zappenduster, keine Fenster! An unseren Besuch in der Stabkirche in Heddal vor fast acht Jahren kann ich mich nicht mehr so genau entsinnen, aber da wird es wohl ähnlich gewesen sein. Außerdem gab es noch alte Bauernhäuser mit und ohne Fenster zu sehen sowie eine norwegische Sauna aus dem 16. Jahrhundert. Mathew aus Wales und ich fanden unterwegs heraus, dass wir beide ein eine keltische Sprache können, ich zumindest ein wenig. Mathew ist mit Walisisch als Muttersprache aufgewachsen, Englisch hat er im Kindergarten und aus TV und Zeitung gelernt. Drum hieß es dann "Penaos emañ kont?" auf gut Bretonisch. - Wer herausfindet, was das auf Deutsch heißt, bekommt ein Stück Rocher... :)
Danach hatten wir vier Stunden Freizeit (Gruppe 1 sollte am nächsten Tag nur zwei Stunden haben), in der ich von Anna aus Polen und Zsófi hauptsächlich in sämtliche Schuhgeschäfte Oslos geschleppt wurde, man merkte, dass die beiden in Narvik bzw. Mandal wohnen, wo es nicht gerade sooo viel gibt. Und ihr wisst ja, dass Schuhekaufen bzw. -anprobieren mein absolutes Nichtspezialgebiet ist! Apropos Schuhe, an dem Tag hatte es in Oslo sehr viel geschneit, aber der Schnee verwandelte sich allmählich in Schneeregen und auf den Straßen und Fußwegen schwamm der Matsch, sodass sämtliche Imprägnierung umsonst war. Zugegeben, das war schon ein paar Wochen her für meine Stiefel, dass sie imprägniert wurden, aber so schlimm hätte ich es nicht erwartet, denn meine Füße schwammen dann in den Stiefeln, wie bei vielen anderen auch. Abends trafen sich dann alle zum Abendessen im noblen Restaurant Südöst, so nobel, dass bei den recht handlichen Portionen viele nicht satt wurden, aber für mich hatte es nach dem reichlichen Lunch gereicht.

Aufwärmspiele: Ganz klar, hier wird ein Toaster dargestellt!
Kritischer Blick von Carlos "Reinhold Messner" Bayo
Nach einer gut geschlafenen Nacht war für uns in der Gruppe 2 der Innentag angesagt. Wir haben z.B. mit der Forum Theater Methode Probleme von Freiwilligen dargestellt und dann alle gemeinsam versucht zu lösen. Weiterhin wurde über den YouthPass gesprochen, den man am Ende jedes Freiwilligendienstes ausgehändigt bekommt. Es waren auch noch Mitarbeiter der Nationalagentur BUFDIR zugegen, mit denen man über Probleme im Projekt reden konnte.  Ich hatte keinen Redebedarf, denn bei mir ist seit dem Umzug ja alles in Ordnung. Deshalb zog es mich am Freitagabend dann auch wieder nach Hause zum Solemskogen.

Das Wochenende verbrachte ich nicht in Beitostölen beim Norges Cup, sondern mit meiner Gastmutter Marit, Gastschwester Karianne und Meret (eine Schweizerin, die ein Jahr bei meiner jetzigen Gastfamilie verbracht hatte und jetzt als Freiwillige für ein paar Wochen bei der WM mitarbeitet) bei Hamar bei Marits Mutter, 78 Jahre alt. Ihr ging es nicht so gut, weshalb Karianne schon am Freitag gefahren war. Als wir dann aber da waren, erschien mir Kari (die Großmutter) aber schon wieder recht fit, das ließ zumindest ihr Redefluss erahnen: Ohne Punkt und Komma inklusive ständigem Themenwechsel, aber dennoch ist sie eine sehr nette Dame. Samstagabend fand im norwegischen Fernsehen der Entscheid zum Grand Prix statt, wer Norwegen dabei vertreten sollte. Alle Beiträge waren nicht die Wucht (wenn man sich das schon überhaupt anschaut...), aber der wirklich unmusikalischste, um nicht zu sagen, schlechteste hat dann gewonnen. "Haba haba" heißt er, ab er der Punkt war ja, dass das Lied mehr gesprochen als gesungen und dann noch mit einem sehr einfallslosen Text ausgestattet war.
Am Sonntag habe ich etwas gemacht, was ich schon sehr lange nicht mehr gemacht habe, nämlich bis um 12 geschlafen... War vielleicht etwas zu lang, meinen leichten Kopfschmerzen nach zu urteilen. Obwohl es mehr als 20 Grad minus waren, bin ich dann mit Marit raus zu einem Spaziergang mit traumhaften Sonnenschein. Außerdem durfte ich mit dem Hundeschlitten fahren, der in Hamar auf den oft ungestreuten Straßen als beliebtes Fortbewegunsgmittel genutzt wird. Das hat Spaß gemacht! Aber man merkt auch schnell seine Grenzen, wenn die kalte Luft in den Lungen weh tut.

Heute beginne ich meine erste komplette Bürowoche seit langem. Eigentlich sollte ich auch nur bis Mittwoch arbeiten und am Donnerstag nach Trondheim zum Hovedlandsrennet (Hauptlandsrennen) fliegen, bei dem Junioren im Alter von 14-16 Jahren ihre Geschicklichkeit auf Langlaufskiern unter Beweis stellen müssen. Per sagte mir aber, dass wir von Vidar Löfshus (dem sportlichen Leiter des Herrennationalteams) zum Weltcup nach Drammen abgeordert wurden. Dort sollen wir am Samstag die Distanserennen sekundieren. Beim Sprint am Sonntag wird dies dagegen nicht benötigt.

Bis bald mit neuen Neuigkeiten,
euer Findus (mein neuester Spitzname nach einem meiner zahlreichen Sponsoren auf der Daunenjacke)

Kay (urspr. aus Altenburg), ich und Sophie aus Kärnten

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