Montag, 4. Juli 2011

Adjø, adjø - Norwegen ABCø

A wie Alkohol. In allen skandinavischen Ländern ein heißbegehrtes Gut, in Norwegen umso mehr, denn es ist rar. Ab ca. 4‰ gibt's alkoholhaltige Getränke nur noch im Vinmonopolet (Weinmonopol) zu kaufen und da wird es so richtig teuer. Aber auch der ordinäre Supermarkt mit den Bierdosen für den kleinen Mann hat es in sich, denn ab einer bestimmten Uhrzeit wird kein Bier mehr verkauft, oft ist 18 Uhr Schluss. Wer also erst zur Sandmannzeit draufkommt, sich ein Bierchen zu gönnen, der wird nicht mehr betrunken. Trotz allem oder gerade deswegen ist Alkohol populär wie kaum etwas anderes und das sowohl bei der jungen, als auch der erwachsenen bis älteren Bevölkerung. Mag das auch in Schweden und Finnland der Fall sein, aber nur in Norwegen haben es zwei deutsche Begriffe geschafft, sich in die norwegische Trinkkultur einzuschleichen: "vorspiel" und "nachspiel". Bedeutet also, man betrinkt sich vor und nach dem Kneipenbesuch, denn es ist immer noch billiger, sich zu Hause etwas anzutrinken, als in der Kneipe tief in die eigene Tasche zu greifen. Umso amüsanter ist es für die Norweger, dass das Wort Vorspiel im Deutschen mehr im Zusammenhang mit dem benutzt wird, was vor dem Konglomerat von Mann und Frau kommt.

B die Berge. Von denen gibt es in Norwegen sehr viele und imposant sind sie alle mal, ob die aus dem nichts auftauchenden Berge ganz im Norden in Troms oder imposante Gebilde wie Jotunheimen oder Hardanger. Da hausen natürlich auch die Trolle, oder angeblich. Für einen Norweger allerdings keine Frage: natürlich!

   der Brunost. Eines der grässlichsten, aber hochpopulärsten Produkte Norwegens, in der Beliebtheitsskala weit über dem Alkohol, weil notwendiger. Nun ja, das ist ja manchmal nicht so ganz klar... Brunost, oder Braunkäse auf deutsch, ist und bleibt...auf jeden Fall kein Käse! Es gibt ihn nur mit Ziegenmilch, mit etwas Kuhmilch und man legt ihn gern in eine Lefse (einer Art Eierkuchen), wo er dann schön zerläuft, iiiih! Ich habe es probiert, ich habe es probiert, aber auch nach zuletzt bestehender Hoffnung ist es mir nicht gelungen, dieses urnorwegische Produkt in mein Gaumenherz zu schließen. Dabei muss man nicht einmal als Norweger geboren sein, um es zu mögen, denn leider musste ich von vielen Ausländern, auch Deutschen, erfahren, dass diese es sich nicht einmal "lernen" mussten, den Brunost zu mögen. Ihr seht, ich stehe in dieser Hinsicht auf verlorenem Posten.

C wie Computer. Punkt 1 ohne den viele Norweger aufgeschmissen wären. Besonders beliebt, das Neueste vom Neuesten, also MacBooks von Apple. Ansonsten ist Norwegern sehr bevolkert von älteren HC- und Dellmodellen. Etabliert hat sich auch das Apple iPad, welches es dem gemeinen Norweger noch einfacher macht, immer und überall Emails abzurufen und im Internet Zeitung zu lesen. Oder, die Unweiten von Facebook zu erforschen.

D Deutsch. Deutsch ist etwas, was viele Norweger gerne verstecken. Fast jeder in der heutigen Erwachsenengeneration hat es in der Schule gehabt, 2 Jahre, 4, Jahre, 5, Jahre oder auch 10 Jahre, wie beliebt. Kenntnisstatus danach: unabhängig von Lernzeit sehr unterschiedlich. Genies wie Per Nymoen (-->) können es nach 2 Jahren in der Schule und einer vergangenen Zeitspanne von 40 Jahren immer noch gut, andere eben nicht so. Aber irgendwann rutscht jedem Mal ein kleines deutsches Wort raus, gerne Wörter wie "schnell, schnell", "sch****", "zack, zack" oder ein sehr populärer Spruch über die Präpositionen: "an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor, zwischen".
  
   Dialekte gibt es in Norwegen wie Sand am Meer und können manch Deutschen zur Verzweiflung treiben. Spricht man in einem Tal diesen Dialekt, ist es einen Kilometer weiter schon wieder ein anderer. Man unterteilt aber zum besseren Verständnis in großflächige Dialektgebiete: Sørlands- und Østlandsdialekt, besonders hervorzuheben beim Sørlandet ist Kristiansand S(üden), weiterhin der Oslodialekt, dann die Dialekte in Oppland und Hedmark, besonders hervorzuheben ist der Gudbrandsdalsdialekt, die Vestlandsdialekte mit Stavanger, Bergen, Førde und Kristiansund N als Zentrum. Darauf folgt der Trøndelagdialekt in und um Trondheim in Nord- und Sør-Trøndelag, sowie der Nordlandsdialekt um Mo i Rana, Bodø und Narvik. Speziell wird es dann noch einmal in Troms und der Finnmark. In Målselv in Troms spricht man kurioserweise aber mehr einen Østerdalsdialekt, keinen typischen Tromsdialekt.

E wie EU. Die Europäische Union hat es bisher bekanntlich noch nicht geschafft, Norwegen und die Norweger für sich einzunehmen. Zwei Mal gab es eine Volksabstimmung und zwei Mal wurde abgelehnt. Heute meinen viele Norweger, dass Norwegen aber trotzdem quasi schon zur EU dazu gehört, denn durch das Schengen- und weitere Abkommen, werden viele Produkte und Prozesse durch EU-Richtlinien beeinflusst, z.Bsp. der Datumsstempel auf Eiern, die eigentlich noch länger drauf sind, als drauf steht.

    Elch. Überall sieht man ihn, auf Straßenschildern, Autoaufklebern, Anstecknadeln, usw. Nur ich, die so viel in Norwegen mit dem Auto gereist ist und nun fast ein Jahr in diesem Land verbracht hat, habe keinen einzigen lebenden oder verschiedenen zu Gesicht bekommen. Einmal, als wir während des Ankunftsseminars von Trondheim nach Selbu zurückfuhren, sah man ein paar Schatten am fernen Waldesrand, aber das würde ich mal nicht einen Elch sehen nennen.  Besonders elchlos war es gerade dort, wo "außergewöhnlich große Elchgefahr" bestand, habe ich das Gefühl. Das ist mir aber allemal lieber, als die Begegnung mit einem Elch mit dem Auto, was in Norwegen zahlreich passiert und nicht selten mit schweren Verletzungen oder schlimmer endet.

F Fußball! Man glaubt es nicht, aber Norwegen ist ein total fußballverrücktes Land, auch wenn wir als Deutsche höchstens Rosenborg Trondheim kennen, die es schon mal in den UEFA-Cup geschafft haben. Andere Toppklubs sind der Osloer Heimverein Vålerenga, Lillestrøm, Brann aus Bergen, Tromsø, Start aus Kristiansand S oder Fredrikstad. Bei Heimspielen von Vålerenga fühlt man sich in der U-Bahn schon mal wie vor einem Dynamospiel. Der Fußballverband ist auch größer als der Skiverband und bis vor kurzem waren 90% der Norweger laut einer Umfrage überzeugt, dass es die norwegische Nationalmannschaft der Herren ins Endspiel der EM schafft. Nun ja, nach dem letzten Spiel gegen Litauen dürfte diese Zahl bedeutend kleiner geworden sein und viele Klubs spielen besser als die Nationalmannschaft. Die Frauen spielen da, auch wenn es sich gerade bei der WM nicht so zeigt, besser.

  Fliegen. Kein Volk der Welt fliegt mehr im Inland umher als die Norweger. Rein statistisch gesehen, befindet sich 1/3 bis die Hälfte aller Norweger ständig in der Luft. Fliegen, das ist wie Busfahren, viele Pendler fliegen nicht nur am Wochenende nach Hause, sondern mehrmals in der Woche. Bekannteste Fluggesellschaften sind SAS aus Schweden und Norwegian.

  Fisch. Das Brot Norwegens, mittlerweile auch in Fischfarmen angezüchtet und durch die vielen Medikamente eine Gefahr für den Wildfischbestand.

  Facebook. Die heimliche Regierung Norwegens. Das "soziale" Netzwerk ist zu einem der Hauptkommunikationsmittel des Landes geworden. Jedes Unternehmen, das etwas auf sich hält, ist dort vertreten, jedes Handy hat Facebook als Anwendung gespeichert. Mich, die doch eigentlich schon einmal dort ausgestiegen war, hat mein Klettertrainer der ersten Stunde, Chris Allan, wieder drauf gebracht und bat mich inständig darum, da die Klettegruppe darüber viel abspricht. Hauptsächlich habe ich es aber wohl deshalb getan, weil ich damals, im Herbst vorigen Jahres, Hals über Kopf in ihn verliebt war und es wohl eigentlich als eine Tat hormonellen Überschusses wieder rückgängig machen sollte, aber jetzt, da ich nach Hause fahre, ist es zum Kontakthalten sehr nützlich. Und wer sich Zeit nimmt, und die Sicherheitseinstellungen durchforstet, der kann diese Plattform auch beruhigt benutzen.

G Golf. Golf, das ist ja kein Sport, aber jedes Dorf, jede Stadt, die etwas heißen will, hat eine Golfbahn. In Oslo gibt es davon natürlich mehrere und auch Golfzentren, wenn es mal regnet oder im Winter der Schnee liegt.

  Gleichberechtigung...ist in Norwegen das A und O. Frauenquote, mehrere weibliche Parteichefs, allen voran der Hausdrachen namens Siv Jensen, usw. Teilweise wird die Frauenquote aber auch recht aggressiv betrieben, es ist z.B. sehr ungewöhnlich, länger als ein Jahr nach der Geburt des Kindes zu Hause zu bleiben, lieber sollte frau schnell zurück in die alte Arbeit.

H wie Handy, Punkt 2 ohne den in Norwegen gar nichts geht. Ständig sitzen die Norweger mit irgendeinem Handy herum, telefonieren tun sie dabei meist nicht. Das erste, was ein Osloer U-Bahn-Gast tut, ist hinsetzen und Handy zur Hand nehmen. Munter wird auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm hin und her gerudert. Beliebteste Modelle sind die ständig erneuerten iPhonemodelle oder htc-Telefone, allgemein gesagt sogenannte Smartphones, also mit besagtem Bildschirm. Größte Telefongesellschaften sind Telenor, NetCom und Tele2.

  Humor haben die Norweger, auch wenn es das Klischee nicht unbedingt vorschreibt. Und wenn man den Humor eines Landes und einer Sprache versteht, dann hat man sie wirklich verstanden. Norwegen hat viele Komödianten, u.a. das alljährlich stattfindende Sommergelächter (sommerlatter) auf der Aker Brygge in Oslo, wo wir mit der Arbetit zum Sommerfest waren, oder die Sendung "Nytt på nytt" (Neu auf neu), in der die Geschehnisse der Woche diskutiert werden.

I wie Internet, Punkt 3, ohne den Punkt 1 und Punkt 2 aufgeschmissen wären und somit auch die Norweger. Internet gibt es fast überall in Norwegen, entweder über die Netze der Telefongesellschaften oder, abgesehen von Privathaushalten, in Hotels. Jedes noch so kleine Hotel hat Internet, besonders die einsam gelegenen Berghotels. Wer also die absolute Abgeschiedenheit sucht, muss schon etwas erfinderischer werden. Komischerweise hat das Hotel des norwegischen Olympiastützpunktes (mit der einen nervigen Klimaanlage) als eines der letzten Internetanschluss bekommen, wo doch auch der Sport heutzutage sehr davon abhängt.

J wie Journalismus. Diesen sollte man in Norwegen vorsichtig genießen. Zeitungen wie VG (Verdens Gang, der Gang der Welt) oder Dagbladet ähneln eher der Bildzeitung als einem seriösen Medium. Die Osloer Zeitung Aftenposten erinnert eher an übliche Lokalblätter, wie die Sächsische Zeitung. Aber fast keine norwegische Zeitung kommt ohne große Buchstaben und mehrzeilige Schlagzeile aus oder ohne ein Verb in derselben. Beispiele: "Alle nehmen einen Biss von der Frp" (Frp ist die Fremskrittsparti, also Fortschrittspartei), "Schreiben Strauss-Kahn ab" oder "Wirft Großfavoritin Sjarapova raus".

K wie Kjell, mein bester Freund in Norwegen. Hier hat sich für mich eines verfestigt: Eine richtige Freundschaft ist es, wenn man sich zwar nicht so oft sieht, aber dafür bei den Gelegenheiten umso mehr miteinander verbringt und Kontakt hält, sich vor allem ohne viel Aufhebens versteht. Ohne Kjell wäre es nicht dasselbe schöne Jahr gewesen, ich dachte ja nie, dass wir beide mal so gute Freunde werden würden, denn jeder scheint irgendwie ein Stück von ihm abhaben zu wollen und ich kleines Hansel habe nicht nur ein Stück, nein ich habe einen ganzen Freund bekommen. Ich konnte immer mit ihm reden, vor allem als es mir in der ersten Gastfamilie nicht so gut ging, und er weiß immer einen guten Rat. Er ist eben einfach mein Freund.

   Klettern hat mir beim Bekanntschaften schließen sehr geholfen und ohne das Klettern hätten auch Kjell und ich uns nie kennen gelernt. Im ersten Halbjahr habe ich ja sehr viel geklettert, im zweiten Halbjahr lief es durch die Skisaison und das relativ früh wegfallende Gemeinschaftstraining eher spärlich, was mich zwar ärgert, aber so ist es nun einmal. Dafür habe ich nach einem Hartkletternachmittag mit Kjell am Samstag jetzt immer noch einen stattlichen Muskelkater in Armen, Rücken und Beinen.

  Krimi. Der Osterkrimi ist in Norwegen ja obligatorisch. Regelmäßig erscheinen zu Ostern die neuesten Kriminalgeschichten, ob von Jo Nesbø (den ich übrigens jetzt mal beim Klettern gesehen habe, laut sch**** nach einem Fall rufend), Anne Holt oder Gunnar Staalesen, dem Urheber von Privatdetektiv Varg Veum. Dass so viele Krimis gibt, weil in Norwegen nichts passiert, glaube ich nicht, Missbrauchsfälle, Drogen und Morde, das alles gibt es in kleinen Dörfern oder auch in Oslo.

 Königshaus. Harald, Sonja und Co. sind noch beim Volk beliebt, aber wie lange ist die Frage, ob nach dem derzeitigen Kronprinzen Haakon seine Tochter Ingrid Alexandra den Thron besteigen wird, ist fraglich. Der König war während des Krieges eine wichtige Stütze des norwegischen Volkes, jetzt merkt man aber nicht mehr so viel davon. Viele Norweger meinen, die Monarchie sei nicht unbedingt notwendig, aber ohne ist es auch nicht schön. Das norwegische Königshaus ist auch weitgehend skandalfrei, bis auf Prinzessin Märtha-Louise und deren Mann Ari Behn; sie, eine esoterische Engelsverfechterin mit zweifelhaften Aussagen (sie könne mit den Toten sprechen, dies behauptete sie aber nur solange, bis sie von der norwegischen Presse niedergemacht wurde), er ein Skandalautor erster Güte. Deren Kinder haben es auch nicht besser: Sie heißen Leah Isadora, Maud Angelica und Emma Tallulah.

L wie Langlauf. DER norwegische Nationalsport schlechthin, aber auch das Streitthema schlechthin. Jeder Norweger hat in seinem Leben einmal auf Langlaufskiern gestanden, die meisten führen es auch weiter. Langlauf ist immer und überall präsent, ob Schnee liegt oder nicht. Starläufer Petter Northug jr. könnte man auch gleich zum Nationalheiligen küren, auch oder gerade weil er manchmal so provokant auftritt, aber vor allem, weil er der Presse unzählige Schlagzeilen beschert. Was kann wichtiger sein als er? Für die Zeitung VG war der Bombenangriff auf Südkorea im Vergleich zur Gesundung des Herrn Northug eher Nebensache. Die dramatische Art der norwegischen Medien führt gepaart mit der tiefen Verwurzelung des Langlaufs in der norwegische  Kultur aber auch zu einer gewissen Überempfindlichkeit, siehe Teamsprint Düsseldorf im Dezember 2010. Ziel ist immer, bester zu sein, immer und überall, die meisten Sponsoren, usw. Da kann man sich als andere Sportart schon einmal benachteiligt fühlen. Aber, was soll man sagen? Die Resultate der Ski-WM in Oslo sprechen für sich mit Norwegen als bester Nation. Steigern ist da schwer möglich, aber nicht für Norwegen.

M wie Mode. Nicht ganz so wichtig wie in Schweden vielleicht, aber auch die Langläufer putzen sich heraus, sobald sie den Skianzug in den Schrank hängen. Es gibt eine Osloer Modewoche, die aber kaum Beachtung findet. Norwegerinnen sind oft sehr schick, beliebt sind Perlenohrstecker, es darf ruhig kurz und luftig sein, auch wenn eisiger Wind weht. Ab zweistelligem Temperaturbereich wird die Winterjacke ausgezogen und das Hemd aufgeknöpft.

N na klar, Norwegisch. Norwegisch ist für einen Deutschen aufgrund der extrem vielen Gemeinsamkeiten rein vom Vokabular sehr leicht zu erlernen, die Grammatik ist sogar oft noch einfacher. Als Hindernis erweist sich oft die gesangshafte Sprachmelodie oder das bei Dialekten sehr häufig vorkommende Nuscheln. Norweger lieben es, wenn man Norwegisch spricht und entweder bemühen sie sich ganz doll, ordentlich zu sprechen oder sie reden mit einem Wortschwall auf dich ein. Manchmal ist mir Norwegisch fast etwas langweilig oder zu normal geworden, aber es wird mir so komisch vorkommen und fehlen, zu Hause wieder Deutsch zu sprechen, oder allgemein eben nicht mehr Norwegisch.
Gewisse Phrasen werde ich bestimmt lange auch im Deutschen behalten: "oi" (Universalausdruck für Freude, Erstaunen, Sorge, usw.), "jøss!" (Du lieber Himmel!, da kann man auch sagen "Himmel og ha!") oder die Ausdrücke "ja vel" und "nei vel" (jeweils als "aha" auf positive oder negative Aussagen zu verwenden, nicht als Jawohl!).

  Nation. Norwegen ist eine stolze Nation, das beweist sich besonders am 17. Mai, dem Nationalfeiertag, in den Wimpeln, die jeden Tag an jedem Haus wehen oder auch bei etwas hoffnungslosen Spielen ihrer Fußballnationalmannschaft. Man ist solidarisch.

O wie Oslo. Die Hauptstadt Norwegens mit eigener Fylke (Distrikt oder Bundesland) hat laut neuesten Berechnungen etwa 600.000 Einwohner, ist von der bebauten Fläche her aber deutlich kleiner als Dresden. Zählt man den Wald mit, ist Oslo wiederum viel größer, sogar vier Mal größer als Paris. Oslo ist durchaus sehr alt, aber davon sieht man nur noch sehr wenig, denn es brannte mehrmals nieder (es war ja alles aus Holz) und blieb auch während des 2. Weltkrieges nicht verschont. Oslo bietet viel: Ruhige Natur, Mulitkulti im Stadtteil Grünerløkka, Kultur in der Oper, Baden im Meer, Inselromantik und es ist nicht zu groß und nicht zu klein, zumindest genau richtig für einen Dresdner. Oslo ist wie ganz Norwegen auch Heimat vieler Einwanderer, vor allem afrikanischer Muslime, viele wohnen in Grønland oder Randbezirken. Integration klappt hier viel besser als in Deutschland, es gibt gut bezahlte Jobs, Sprachkurse, usw.
Oslos Nachteile liegen in der Kriminalität, die vor allem rund um den Hauptbahnhof floriert, also Drogen. Die Polizei hat dort 24h-Dienst. Kürzlich wurde aber leider auch ein junger Mann völlig ohne Motiv und zufällig Opfer eines Mordes, als er annahm, ein bestimmtes Auto sei ein Pirattaxi, daraufhin kam ein anderes Auto um die Ecke, und der junge Mann wurde einfach so durch einen Kopfschuss getötet, denn wie die Polizei heute weiß, war es kein Pirattaxi und in kriminellen Kreisen kann eine einfache falsche Aussage zu solch schlimmen Sachen führen. Außerdem gibt es wie in ganz Norwegen auch viele Einbrüche, Raub- oder "normale". Fast jedes Haus und jede Wohung hat daher eine Alarmanlage.

Nun ja, wenn man sich aber nicht gerade mitternachts am Hauptbahnhof rumtreibt, lässt es sich in Oslo ruhig und sicher leben, das vergesst nicht.

P wie Preise. Die unendliche Geschichte, aber in fast allem ist es außerhalb Norwegens billiger. Dies hat allerdings auch zum Nachteil, dass man dazu geneigt ist, im Ausland zu viel Geld auszugeben, denn wie viel würde das in Norwegen kosten? Das Dreifache, mindestens! So ähnlich erging es mir in Madrid und Rom. Weiter werde ich dieses Thema nicht vertiefen, da wird man nie fertig.

   Per Nymoen. Eine besondere Ausgabe der Gattung Homo sapiens und mein Chef im Skiverband! Ein überaus netter und umgänglicher, fürsorglicher Mensch, ohne den in Norwegen vieles nicht so gut gelaufen wäre, zumindest nicht für mich. Da habe ich echt Glück gehabt, tusen takk skal du ha, Per! Mir missfallen nur ein paar kleinegroße Dinge: Die vielen Telefonate, Emails und der Stress. Immerhin habe ich es geschafft, ihn seit sieben Jahren das erste Mal wieder zu einem Herzcheck zu überreden!!!

Q

R

S wie Sport. Sport, das habt ihr ja sicher schon gemerkt, wird in Norwegen immer groß geschrieben. Ob Fußball, Langlauf, Biathlon, Abfahrt, Radfahren, Orientierungslauf - Sport bewegt und Sport erregt, vor allem die Gemüter. Ohne Sport wären die Zeitungen aufgeschmissen und die Norweger nicht so schlank, wobei auch das Übergewicht langsam Einzug hält.

T wie Troll. Norwegisches Waldhaustier, das selten jemand zu Gesicht bekommt. Nur zu kaufen als Mitbringsel im Souvenirladen.

U wie U-Bahn. Das Leiden des Osloer Nahverkehrs, gleich nach dem NSB (Zug). War ich im Vorjahr noch sehr zufrieden, bin ich es dieses Jahr weniger: So viele Ausfälle, Signalstörungen, Baustellen hat die Welt noch nicht gesehen und dann geht wirklich nichts, gar nichts! Konsequenz sind übervolle Busse und Straßenbahnen. Dabei gibt es nur sechs U-Bahnlinien, die auch nur aller 15 Minuten kommen. Ich darf kurz an Madrid erinnern, mit weitaus mehr Linien, einer Station für jede Linie und 3-Minutentakt! Jaja, ich weiß, Oslo ist nicht Madrid, aber die Osloer Bahnbehörden sollten mal eine Fortbildung machen.

V wie Vergangenheit. Oft leben die Norweger rein grammatikalisch gesehen in der Vergangenheit, treffendstes Beispiel ist, wenn man zu Mittag isst und sagt: "Det var godt!" (Das war gut - auch wenn es immer noch schmeckt.) Oder man ist zusammen unterwegs und trifft jemanden Bekannten auf der Straße, noch bevor man diesen aber erreicht, sagt man schon: "Det var Fredrik!" (Das war Fredrik - auch wenn er immer noch da ist.)

W das Wetter. Damit kann man auch in Norwegen immer ein Gespräch beginnen. Zurzeit ist es vor allem in Südnorwegen sehr unstabil, was es nicht gerade leicht macht, aber die Temperaturen sind über 20°C und das ist mehr, als man für einen norwegischen Sommer verlangen kann. Ich wünsche kein Winterwetter, wenn ich morgen nach Hause komme, das merkt euch gut, 13 Grad, das ist ja wohl nicht euer Ernst, im Juli!

X

Y

Z wie Zeit. Die Zeit verlief anfangs normal, dann manchmal schleppend, dann wieder unglaublich schnell und ganz zum Schluss ziemlich träg. Aber es war eine sinnvolle Zeit.





Ja, da war's passé, das Jahr in Norvège. Ich möchte an dieser Stelle ein ganz spezielles Dankeschön nicht nur an Per, Kjell, Ståle, und viele andere richten (die wissen sicher, dass sie gemeint sind), sondern vor allem an meine liebe Gastfamilie mit Marit, Bjørn, Karianne, Timo und Julian! Ohne euch wäre ich sicher nicht so lange in Norwegen gewesen, ihr habt mir mein Jahr gerettet! Damit ist auch Pers Frau Kjersti eingeschlossen, ohne die der Kontakt zur Familie Kummeneje/Grinde nie zustande gekommen wäre. Tusen tusen takk til deg, Kjersti, du er min helt! Ich bin meiner ersten Gastfamilie durchaus dankbar, dass sie auf Pers Aufruf reagiert und mich aufgenommen hat, aber ich war dort zum Schluss so einsam und ein Jahr bei einer Familie zu wohnen, ohne eine Verbindung aufzubauen, das ist kein Leben, genau so nicht, wie sich bis zum Schluss anzupassen und zu verbiegen. Ich danke meiner Gastfamilie, weil sie mir den Glauben an eine nette und sichere norwegische  und Gastfamilie wiedergegeben hat und ich bei ihnen immer herzlich willkommen bin. Vor allem, weil ich jetzt sagen kann: Ich habe eine norwegische Familie.


Henrike.

P.S.: Je nach Einfallsreichtum und Bedarf wird diese Liste verlängert. Es folgen als nächstes voraussichtlich ein paar Fotos.

Samstag, 18. Juni 2011

Roma impressionante con la mia Pattl!


So, da bin ich wieder, weiß wie eh und je - sprich, man sieht mir nicht unbedingt an, dass ich in Rom gewesen bin, bei strahlendem Sonnenschein fast jeden Tag.

Aber, wie es sich für eine genaue Person wie mich gehört, schön der Reihe nach. Am Dienstag fuhr ich am Nachmittag meine Freundin und Kollegin Else-Marthe Sørlie Lybekk besuchen, die lange Zeit auch beim HC Leipzig Handball spielte, jetzt arbeitet sie aber in einer Organisation gegen Magersucht bei Mädchen im Leistungssport. Es war ein sehr schöner Nachmittag und Abend mit ihr, ihrer kleinen Tochter und ihrem Mann Preben und zum Schluss habe ich von ihr als Abschiedsgeschenk ihr Trainingsshirt bzw. Trainingsniki von den Olympischen Spielen in Peking bekommen, da sie ja auch lange in der Norwegischen Nationalmannschaft spielte. Wir haben auch das Fußballspiel Norwegen gegen Litauen angeschaut, eine einzige Farce! Spätestens nach diesem Spiel sollte es die 90% Norweger nicht mehr geben, die glauben, Norwegen schaffe es íns Finale der EM - sie schaffen es wahrscheinlich nicht einmal in die erste Runde!

Donnerstag, 9. Juni, 6h10 klingelte mein Wecker und kurze Zeit später machte ich mich auf zum Flughafen Moss-Rygge und während der Busfahrt unterhielt ich mich sehr nett mit dem gebürtigen Somalier Aden, der seit über 20 Jahren aufgrund des Bürgerkrieges in seinem Heimatland in Norwegen lebt. Als mein Flugzeug dann in Rygge landete, dachte ich mir nur, so müde sehe ich nächste Woche auch aus, wenn ich aus Rom wiederkomme, denn dieses Flugzeug fliegt immer früh 6h50 aus Rom los und ist kurz vor 10 in Oslo. Im Flugzeug saß ich dann neben Ludovico und Laura aus Neapel. Ludovico hatte ich am Busterminal in Oslo etwas geholfen, da die Englischkenntnisse der Italiener noch schlechter sind als die der Spanier. Laura hingegen arbeitet in Oslo beim Fernsehen und schneidet die Sendungen oder Filme. Beide reisten zurück nach Neapel, um beim Referendum 2011 abzustimmen: 1. gegen die Atomkraft, 2. für weiterhin kostenloses Wasser und 3. für die Gleichheit aller Politiker vor dem Gesetz wie alle anderen Menschen auch (und das in einem europäischen Demokratiestaat!!!). Man konnte sì oder no für alle drei stimmen, aber nicht no für zwei Dinge und sì für das letzte. Deshalb endete das Referendum für Berlusconi am 12. und 13. Juni dann auch in einem Desaster, alle wollen ihn ja endlich verurteilt sehen, auch wenn vielleicht nicht alle den Atomausstieg wollen. Und was das Wasser betrifft, im Laufe der Woche habe sogar ich festgestellt, dass Italiener nicht mit Wasser umgehen, geschweige denn es sparen können.
Wie auch immer, ungefähr eine halbe Stunde eher als geplant (Ryanair ist ja die pünktlichste Fluggesellschaft Europas, weil die Flugzeiten immer viel zu lang angegeben werden und man somit im Falle einer Verspätung immer noch pünktlich ankommt - psychologisch vielleicht doch ganz wertvoll?) kam ich dann in Roma Ciampino an, dem kleineren der beiden Flughäfen, aber näher an der Stadt und sehr viel übersichtlicher als der Hauptflughafen Fiumicino Leonardo da Vinci.
Ja, und dann kam die Pattl, meine Freundin bereits aus Kindergartentagen, durch die Tür und wir konnten uns endlich, nach fast einem Jahr, wiedersehen und in die Arme schließen! Kaum aus dem Flughafengebäude raus, schwante mir schon, dass es doch heiß in Rom ist, dabei war es laut Pattls Aussage an diesem Tag noch relativ kühl. Na dann viel Spaß...
Ich hatte ja die große Ehre, als erste Freundin eines Aupairs in Pattls Gastfamilie, während meines Aufenthaltes bei der Familie wohnen und mitessen zu dürfen. Die Wohnung ist sehr groß und alt eingerichtet. Pattl hat sogar ein eigenes Bad. Außerdem wohnt sie nicht weit vom Zentrum und dem Hauptbahnhof entfernt. Da Pattl ja am Nachmittag arbeiten musste, machte ich mich allein auf, die Stadt zu erkunden. Zuerst setzte ich mich, ganz dem Rat meiner Oma entsprechend, in einen Stadtrundfahrtbus, was ganz informativ war, außer dass die Informationen teilweise an der falschen Stelle kamen. Zwei Stunden dauerte dieses Vergnügen. Dann lief ich zum Pantheon, einem heidnischen Tempel, der dann vom Papst zu einer Kirche umfunktioniert wurde. Nach langem Suchen fand ich es dann auch und man merkt dem Pantheon heute noch an, dass es nicht als Kirche gebaut worden ist und die ganzen kirchlichen Insignien wirken irgendwie deplaziert. Zurück musste ich mich dann etwas beeilen, denn plötzlich warteten alle bei Pattl zu Hause auf mich, also ihre Gastmutter und ihr Gastkind. Dies zu bewerkstelligen, war bei mangelnden Stadtkenntnissen und höchstchaotischem römischen Verkehr gar nicht so einfach. Es mag in Madrid größere und breitere Straßen geben, aber in Rom ist die Fahrweise einfach so drunter und drüber, dass man als Fußgänger höchstgefährdet ist, sodass Pattl mich in den Anfangstagen immer am Arm und über die Straße ziehen musste. Nun ja, Fazit des Ganzen war, dass ich es völlig platt, aber dennoch rechtzeitig zum Abendessen bei der Familie schaffte. Nächtigen durfte ich in Pattls Bett, während sie auf einer "äußerst dynamischen" Luftmatraze schlief, d.h., dass Pattl jeden Morgen fast wieder auf dem kalten Boden lag, weil die Matratze irgendwo ihre Luft loswerden wollte. Eventuelle Angebote, mich auf diesem Ding schlafen zu lassen, scheiterten kläglich. Morgens mussten wir meistens das Fenster wieder zu rammeln, weil die römischen Vögel sehr laut sind, also sie können ja nicht einmal richtig singen, sie kreischen einfach nur, als wär ein großer Kondor hinter ihnen her.



Pantheon - wer hat's gebaut?




V e n e r d ì
Vormittags ging's mit Pattl und ihrer Aupairfreundin Sophie aus Salzburg zum Strand bei Ostia mit dem Zug. Irgendwie scheinen alle Badeorte in Italien Lido zu heißen, ich erinnere nur an Carrara vor zwei Jahren, und irgendwie sehen sie alle gleich schrecklich aus. So schön und kühl das Meer auch ist, aber so überbevölkerte Strände mit einem Haufen nerviger Händler und notgeil aussehenden Italienern (entschuldigt für den Ausdruck), die in knalligen Farben und knappen Höschen ihre angebliche Männlichkeit zur Schau stellen müssen, ist einfach nichts für mich. Wir haben es uns trotzdem so gemütlich wie möglich gemacht und ich habe mir mit Sonnenchreme und behelfsmäßigem Zudecken die Sonne von der Haut gehalten. Pattl und ich stürzten uns dann auch gleich ins kühle Nass, während Sophie sich in der Sonne aalte. Sie und Pattl sind schon so braun, das glaubt man gar nicht, während ich weißes Etwas darauf Acht geben musste, nicht rot zu werden. Als wir uns dann auf den Rückweg machten, war es im Zug schon wieder so heiß, dass wir uns gleich wieder ins Meer hätten stürzen können. Pattl zeigte mir am Nachmittag noch ein bisschen die Stadt, z.B. den überfüllten, aber sehr schönen Trevibrunnen (bei dem wir ernsthaft überlegten, nachts noch mal hinzufahren und wie in "La Dolce Vita" darin zu baden, wenn's keiner sieht). Ich machte mich dann selber noch zur Spanischen Treppe auf, wenn man diese sucht, muss man auf italienisch aber nach der "Piazza di Spagna" fragen. Dort saßen sehr viele Menschen auf den Stufen, schwirrten fliegende Händler umher und beobachteten wie immer ein paar sauertöpfische Carabinieri das Treiben. Über die Carabinieri werden in Italien übrigens Witze gemacht, wie bei uns über die Ostfriesen. :-) Danach ging's zum Vatikan, dem zweiten der drei Staaten in Rom: 1. Italien (gut, in und um Rom), 2. Vatikan und 3. den Malteserstaat, der allerdings kein Staatsgebiet hat, sondern sozusagen staatenlos im römischen Stadtgebiet schwebt. Wie bei allen italienischen Kirchen, muss man auch zum Eingang in die Petersbasilika bis über die Schultern und Knie bedeckt sein, aber in Rom herrscht dabei kaum so ein Service wie im toskanischen Siena, wo man aushilfmäßig Papier über die Schultern gehängt bekommt, in Rom wird man knallhart rausgeschmissen. Da hatte ich Glück mit meinem gerade so knielangen Kleid und dem dünnen Niki, dass ich eingesteckt hatte. Die Peterskirche ist schon wirklich sehr beeindruckend! Aber sie quillt, wie viele katholischen Kirchen, natürlich auch über vor Prunk, Gold und anderen Dingen, die nicht unbedingt dem Prinzip der Bescheidenheit entsprechen. Nichtsdestotrotz konnte ich mir die Kirche still und in aller Ruhe zu Gemüte führen, da nicht so viele Menschen da waren oder die Kirche einfach groß genug, wie auch immer. Michelangelos "Pietà" ist mittlerweile hinter einer Glaswand geschützt, da sie wohl schon mehrfachen Angriffen ausgesetzt worden war. Das i-Tüpfelchen war dann aber, dass im hinteren, für Touristen gesperrten Teil, eine bayerische Messe stattfand - ich dachte, mein... nein, ich dachte, jetzt geht's aber los! Und ich stand da und hörte zu, während die ganzen Touristen um mich herum wahrscheinlich rätselten, welch sagenumwobene Sprache dies wohl sein mag.
Am Abend trafen Pattl und ich uns wieder mit Sophie und gingen in dem kleinen "Insider"Restaurant, also angeblich für Eingeborene, "Piccolo Abruzzo" essen, aber die von mir gewünschten Gnocchi gab es leider nicht und die Minestrone war auch nicht so ganz doll, das nächste Mal nehme ich das Risotto mit Melone, wie Pattl. Vor Pattls Haustür entdeckten wir dann ein schönes kleines altes Auto und machten alberne Fotos, die ich euch bewusst nicht zeigen werde. Wie üblich ging es dann so gegen/nach 12 ins Bett, eher ist es aufgrund des Verkehrslärms (der aber immer noch leiser als der in Madrid ist) und der schwerhörigen Übermieter mit lautem Fernseher kaum möglich gewesen.


Huhuuu, das Grauen!

Geheimtipp!

Trevibrunnen


Carabinieri

Spanische Treppe

Die schiefe Ebene vom kleinen Sebastian

Das Pferd und der Papst

Vatikan - noch ganz im Fieber der Seligsprechung von Giovanni Paolo II.


Pietà von Michelangelo

Bayern lässt grüßen

Schweizergarde


S a b a t o
Da musste Pattl vormittags arbeiten und ich zog los, um die Kuppel der Peterskirche zu besteigen, die ich am vorigen Tag aufgrund der Schließungszeiten nicht mehr geschafft hatte. Für die Kuppel benötigt man erheblich mehr Zeit und vor allem Geduld, als um in die Kirche zu gelangen. Nach einer geschlagenenen Dreiviertelstunde konnte ich endlich mit dem Aufstieg beginnen, der im Kuppelbereich dann zu einem schrägen, engen Gang wurde, bei dem einige Leute auch Kleinbei geben mussten. Der Ausblick oben war sehr schön, aber die ganzen Menschenmassen machten einem das Genießen doch etwas schwer. Schöner fand ich daher den Ausblick von unter der Kuppel in das Innere der Peterskirche mit den schönen Decken- und Wandgemälden. Nachdem ich wieder unten war, traf ich mich mit Pattl und Sophie auf der Piazza Venezia vor der Schreibmaschine, so wird das Nationaldenkmal für den ersten italienischen König Vittorio Emanuele II. scherzhaft im Volksmund genannt, wobei es auch eine Beleidigung sein könnte, denn die Römer mögen es nicht besonders. Es ist sehr protzig und überragt das gesamte Stadtbild. Wie in vielen anderen Staaten auch, gibt es hier ein Grab des unbekannten Soldaten, das Tag und Nacht, rund um die Uhr, bewacht wird, auch wenn das Tor geschlossen ist, mit ewiger Flamme noch dazu. Sophie wollte Pattl unbedingt einen Schuhladen zeigen und es waren auch ein paar schöne dabei, aber doch nicht die echten Römersandalen, die ich so sehr suche und die es vielleicht gar nicht gibt, außer in Historienfilmen. Nach getaner Schwerstarbeit im Schuhladen, bei der Sophie sich dann für ein Paar Sandalen entschied, haben wir uns ein Eis gekauft, das war lecker! Mit richtiger vollmundiger Schokolade, Mozartkugel, dunkle Schokolade, was man auch begehrt! Für mich gab's als Mittagessen noch zwei Suppli hinterher, das sind panierte Reiskugeln mit Mozarella, total lecker und ein Stück kostet nur 1€! Bedeutet bei zwei Stücken also satt sein für 16NOK! Hallo? Pattl meinte, Rom sei ja so teuer und ich bin ja auch einiges an Geld losgeworden, aber in Oslo wäre das das Dreifache gewesen, bedenkt es. Pattl und ich besuchten dann das Kapitolinische Museum auf dem, ja richtig, Kapitolhügel. Und wie heißen die sieben Hügel, auf denen Rom errichtet wurde? Wer hat im Lateinunterricht aufgepasst? Aventin, Kapitol, Caelius, Palatin, Quirinal, Viminal und Esquirin. (ich wusste auch nicht alle...) Pincio und Gianicolo gehören nicht dazu, sie wurden später sozusagen "eingemeindet". Im Museum gab es viel Interessantes zu sehen, Gemälde (u.a. von der Heiligen Familie, auf dem Josef auch mal lächelt), Skulpturen, Standbilder und eine Aussicht auf das menschenleere Forum Romanum. Vor den Stufen des Museums vor dem Reiterstandbild des Marc Aurel fand eine Hochzeit statt, aber der Bräutigum hatte a) einen schrecklichen Anzug und b) telefonierte! Über den Largo Argentino (einer Tempelausgrabungsstätte) sind wir dann zur Piazza Navona gefahren, auf der uns aber die Aussicht durch eine monströse Bühne eines russischen Kulturfestivals versperrt wurde; die Proben hörten sich aber ganz gut an. Den Abend rundeten wir mit einer kurzen Tour im Stadtteil Trastevere ab, auf dem Platz vor der ältesten Kirche Roms, Santa Maria in Trastevere. Eigentlich wollten wir es an diesem Abend auch zum Circus Maximus schaffen, wo der Schwulentag mit einem Konzert von Lady Gaga stattfand. Diese Künstlerin ist zwar überhaupt nicht mein Fall, aber wir wollten uns einfach mal das Spektakel ansehen, da die Dame aber nur vier Lieder spielte, sahen wir nur noch die Menschenmassen vom Circus wieder zurückströmen. Im Bus waren wir dann in Gesellschaft illustrer Gestalten, die so richtig das Klischeebild von homosexuellen Menschen bestätigen. Das Gute an Schwulen ist, dass sie Pattl in Ruhe lassen, die Arme hat es nämlich aufgrund ihrer blonden Haarfarbe keineswegs leicht in Rom, wird ständig angemacht oder angegafft.

...und dir gebe ich die Schlüssel zur Herrschaft...


Vatikan

Petersplatz

Piazza Navona - Pattl ist schon kalt...

Tiber

Gay Pride, yes! ;-)


hier noch ein Video vom russischen Kulturfestival:



Schnappschuss aus dem Kapitolmuseum


D o m e n i c a
Am Sonntag lag die Entscheidung zwischen Tivoli (nein, das ist kein Vergnügungspark) und Ostia Antica. Wir entschieden uns dann für Letzteres, und es hat sich gelohnt, 3,25€ zu bezahlen, mehr als die 10€ am Tag zuvor für die Kapitolinischen Museen. Ostia ist die alte Hafenstadt von Rom und Ostia Antica ist die fast komplett erhaltene Ruinenstadt. Am Anfang denkt man, man habe es nur mit einer kurzweiligen Besichtigungstour zu tun, aber dann weitet sich die Stadt in Therme, Mietshäuser, Tempel und natürlich auch Latrinen (Bilder zu letzterem sind streng geheim). Zum Glück gab es auch ein Café, sonst wären wir hoffnungslos verhungert. Aber so durch eine komplette Stadt zu gehen, durch Straßen, Häuser, über Mosaike, Plätze, das ist schon etwas Besonderes, wenn man sich vorstellt, dass die Menschen dort schon vor knapp 2000 Jahren entlang gingen. Pattl schrak einige Male gehörig zusammen, als plötzlich jemand hinter ihr stand, z.B. als ein junger Niederländer plötzlich den Ruinen entsprang, ich sah seinen Fuß schon, aber Pattl nicht und ihr gellender Schrei ließ uns alle zusammenzucken und noch Stunden danach darüber lachen. Zum Schluss mussten wir mit Trillerpfeifen von dem antiken Gelände vertrieben werden und machten uns mit dem Zug auf den Heimweg. Ich kaufte mir in einem Vespaladen eine kleine schöne Vespatasche, auch wenn ich leider nie auf diesem Kultding gesessen habe oder gefahren bin. Motorrad fahren ist in Rom sowieso sinnlos, man kommt ja nicht vorwärts. Nach Pizzaessen und einem Getränk auf der Piazza Santa Maria in Trastevere (bei dem Pattl eigentlich eine heikle Mission erfüllen wollte), ging es mit großem Wasserbauch nach Hause.
Ich glaube, es war an dem Abend, als wir auf dem Rückweg auch noch ein paar Schweden trafen, die ganz überrascht waren, plötzlich jemanden Norwegisch sprechen zu hören und noch überraschter, als ich ihnen erklärte, eben nicht aus Norwegen zu kommen, sondern aus Deutschland.

Triskell als Gulli im alten Ostia?




Pattl auf Entdeckungstour


Amphitheater


L u n e d ì
Vormittags ging's in den Carcer Mamertinus oder Tullianus, in dem seinerzeit der Heilige Paulus und Petrus gefangen gehalten worden waren, aber auch andere Berühmtheiten, wie der gallische Häuptling Vercingetorix und der Numidenkönig Jugurtha. Es gibt auch ein abgesperrtes Wandstück, gegen das Petrus seinen Kopf geschlagen haben soll, sodass man heute noch die Einbuchtung sehen kann. Da muss er aber wirklich mehr als einen Dickschädel gehabt haben, sowas überlebt ja kein Mensch. Nun ja, da spricht der zweifelnde Protestant... Kaum waren wir aus dem Kerker raus, kam uns plötzlich lauthals schreiend ein Spanier mit weit ausgebreiteten Armen entgegen: "Belliiiiiiiiiiiiiiiisimma! Che beeeeeeeeeello!" und bat aufopfernd um ein Foto mit sich, einem Kumpanen und uns, wobei ich mir eher wie nettes Beiwerk vorkam, schließlich bin ich nicht auch nur annähernd blond. Nach dem Schlendern durch einen Rosengarten und dem Feststellen, dass es in Rom auch eine Kirche gibt, die San Anselmo heißt (da musste ich an meinen Mitfreiwilligen in Irland Anselm aus Herrnhuth denken), zeigte mir Pattl noch ein Geheimnis: San Pietro durchs Schlüsselloch! Zum Schluss liefen wir noch am Bocca della Verità, dem Mund der Wahrheit, vorbei, wer da seine Hand reinsteckt und lügt, dem wird sie abgebissen!
Den Nachmittag vertrieb ich mir dann mit Suppli auf der Piazza del Popolo (Volksplatz), denn die geplante Engelsburgbesichtigung fiel aufgrund der Montagsschließung aus, und auf dem Pinciohügel, wo aber nur lauter Verliebte flanierten, sodass ich mich schnell deplaziert fühlte. Außerdem war ich noch in zwei Kirchen drin. Abends waren wir dann bei Pattls unermüdlich fröhlicher Aupairfreundin Magdalene aus München eingeladen, die bald nach Hause fahren sollte. Dabei trafen wir auch auf einen ganzen Bunk Sachsen, zuerst Cäcilie aus Dresden, auch Aupair in Rom, der ich erklären musste, dass "seit immer" ganz sicher kein sächsicher Ausdruck ist. Außerdem waren noch zwei Kruzianer auf Besuch in Rom, die mit meiner Grundschulklassenkameradin Clara in der Klasse waren. Rom ist eben auch nur ein Dorf. Außerdem lernte ich auch kurz Sabrina aus der Schweiz kennen, die mich mit ihrer herzlich zupackenden und direkten Art sehr an Nina Hagen erinnerte, Sabrina ist echt sehr in Ordnung! Gegen eins machten wir uns dann auf den Rückweg und mussten an der Haltestelle noch zwei aufdringliche Italiener abwimmeln, dem einen hätte ich am liebsten eine geknallt, so unverschämt, wie der die Pattl angemacht hat, ich war kurz davor, mich mit verschränkten Armen direkt vor Pattl zu stellen und hatte schon meinen finstersten Blick aufgesetzt - den wollt ihr gar nicht sehen. Jedenfalls schien das Wirkung auf den Italiener zu haben, denn als er später wieder aus seinem Lokal rauskam und die Straße an mir vorbei überquerte, winkte er ganz schüchtern und zwitscherte: "Ciao, amica!" Nee, ganz bestimmt nicht! Dem hätte ich das Fell über die Ohren ziehen können, so stinkig war ich.

Hier soll Petrus sein Köpfchen dagegen geschlagen haben

Die Schwalbe Italiens: die Vespa

Bocca della Verità

Piazza del Popolo
Aussicht vom Pincio


M a r t e d ì
An diesem Tag ging's entsprechend spät los, bis wir beide mal ausgeschlafen hatten. Statt der sieben Pilgerkirchen (von denen ich eine, San Pietro, ja schon gesehen hatte) wurde es ein Parkbesuch in einem sehr schönen Park und einer Villa, vor der ein paar Soldaten aus irgendeinem merkwürdigen Grund (Geld...) postiert waren. Ich holte dann endlich den Besuch der Engelsburg nach, schaffte es sogar, über einen anderen Gang als die Rampe ins obere Geschoß zu gelangen, also musste ich die Rampe zum Schluss noch mal zum Hadriansmausoleum hochlaufen. Die Aussichtsterrasse war sehr schön, nur leider fing es dann an zu regnen und schwül war es obendrein, sodass ich nicht so lange dort verweilte.
Castel Sant'Angelo


Blick in Pattls Hinterhof


M e r c o l e d ì
Pattl musste schon um 13 Uhr arbeiten gehen, und an diesem heißesten Tag in der Woche machte ich meine Monsterbesichtigungstour mit Forum Romanum, Palatin und Colloseum. Bei dem beeindruckendem Forum Romanum gilt es die Übersicht zu behalten, was wo ist, welche Ruine was. Aber es war soooo warm und kein Schatten, nirgends! Die Ruinen auf dem Palatin mit den Häusern von Augustus und Domitian waren auch noch mal sehr umfangreich und durch das Kolosseum bin ich im Prinzip nur durchgerannt, es war so warm, viele Leute und so viel zu sehen gab es da auch nicht. Die Turnierfläche hatte ich mir etwas größer vorgestellt und war überrascht, dass sie so klein und oval war. Trotz allem, an diesem Tag hatte ich das abgedeckt, was ich am meisten sehen wollte, was ich aus dem Lateinunterricht kannte.

Forum Romanum

Saturntempel

Atrium Vestae

Palatin - Stadion des Domitian





G i o v e d ì

Obwohl wir uns schon früh hingelegt hatten, wurde die Nacht nicht sehr lang, denn wir mussten schon halb 4 Uhr morgens aufstehen, um meinen Bus von der Stazione Termini (Hbf.) zum Flughafen Ciampino eine Stunde später zu bekommen. Pattl war sogar bereit, mich bis zum Flughafen zu fahren! Mein Flug ging dann kurz vor sieben und circa drei Stunden später war ich wieder in Rygge und als ich dann kurz vor 12 endlich zu Hause in Oslo war, habe ich erst mal geschlafen, zwar nur zwei Stunden, aber ich musste ja auch nachts schlafen, um am Freitag arbeiten gehen zu können.

S o m m a r i o

Rom hat mir super gefallen, es war wunderschön dort! Ich würde gern wiederkommen und alles etwas ruhiger angehen, denn wenn man nur eine Woche hat und vor allem das erste Mal da ist, möchte man natürlich alles sehen und das bedeutet dann eben auch Stress.
Aber am schönsten war es ja, dass ich vieles davon mit Patricia erleben konnte und durch ihre Sprachkenntnisse viele (sprachliche) Hürden überwinden. Pattl und ich kennen uns jetzt schon gut 14 Jahre, das schweißt zusammen, wenn man durch Höhen und Tiefen gegangen ist.
Und es war natürlich überaus nett und nicht selbstverständlich, dass ich bei Pattls Gastfamilie schlafen und essen und auch etwas Einblick in ein italienisches Familienleben erhalten konnte.

Und zu Fragen nach eventuell schönen Italienern: Natürlich gibt es viele schöne Männer in Rom, aber der einzig wahre schöne Italiener bleibt dieser vom Lago di Ledro, an den kommt keiner ran!

Mille grazie!

Bacione und ken bremaik,

eure Henrike